Der Autor
Prof. Christoph LanghofArchitekt und Geschäftsführer, Langhof Studio für Architektur – Design
Es herrscht eine baukulturelle Verzagtheit die ihresgleichen sucht. Zukünftige Wohn- und Arbeitsformen, Mischnutzung und Mobilitätskonzept für die Zukunft (Car-Sharing, Drohnen-Einsatz und vieles mehr), werden in heutigen Wohnprojekten kaum gedacht. Ebenso wie in der Digitalisierung, hinkt Deutschland auch im Städtebau Jahrzehnte hinterher. Was wir heute nicht in die Planung einbeziehen, wird es in 10 Jahren nicht geben. So viel ist sicher.
Was alle Großstädte gemeinsam haben: Sie platzen aus allen Nähten. Im Wohnungsbau sowie bei den Gewebeflächen. Deshalb muss jetzt gehandelt werden. Es auf die lange Bank zu schieben bedeutet Stillstand und zwar für Jahre. Eile ist geboten. Am Geld mangelt es nicht, die Investoren stehen Schlange, die Kassen sind gefüllter als je zuvor. Aber nicht vom Geld allein hängt es ab, mit welchem Gesicht sich unsere Städte künftig zeigen. Denn eine außergewöhnliche Architektur muss nicht zwangsläufig mit hohen Kosten verbunden sein, sondern mit Kreativität und Intelligenz und dem Willen den Menschen einen Ort zum Leben und Lieben zu geben. Architektur geht uns alle an und wer will schon in einem quadratischen Aktenordner ohne jeden Charme leben? Niemand verliebt sich in eine Investitionsberechnung! Wir müssen uns heute damit auseinandersetzen, wie unsere Städte in zehn Jahren aussehen sollen.
Viele neue Gebäude sind nur noch praktisch, quadratisch und angeblich effizient – sie sind langweilig und gerade in der Hauptstadt überhaupt nicht „berlinerisch“ – dabei war Berlin mal die spannendste Stadt der Welt! Nicht viel besser sieht es in anderen deutschen Metropolen aus: In München wird um jeden Höhenmeter gerungen, kreative Wohn- und Arbeitslösungen findet man selten. Hamburg hat immerhin jetzt die Elbphilharmonie und Düsseldorf schafft am Hafen eine individuellere Arbeitswelt, Frankfurt ist seit jeher mutiger.
Was wir wirklich brauchen sind neue identitätsstiftende Gebäude und öffentliche Räume. Mehr außergewöhnliche Architektur, mehr mutige Bauwerke. Mehr Identifikation. Nur das garantiert nachhaltig mehr Lebensqualität für die Menschen. Denn die Lebensqualität ist die Essenz von Architektur.
Mehr Hochhäuser, weniger monotone Gebäude
Der Platz in den Citylagen der deutschen Metropolen ist begrenzt. Warum gibt es dennoch nach wie vor so eine Anti-Haltung gegenüber hohen Gebäuden? Innovative Hochhauskonzepte der neuen Generation sehen vor allem eine Mischnutzung vor. Das perfekte Hochhaus vereint Wohnen, Arbeiten und Lifestyle buchstäblich unter einem Dach. Hochhäuser der Zukunft sind hybrid. Die monofunktionale Nutzung von Gebäuden die in den vergangenen zehn Jahren gebaut wurden, entspricht in keinster Weise einem zeitgemäßen Tenor. Es stellt sich heute gar nicht mehr die Frage, ob man in einem Hochhaus ausschließlich wohnen oder arbeiten kann, denn künftige Hochhäuser müssen multifunktional sein und Platz für das gesamte Leben, oder zumindest einen Großteil, an einem Ort verbinden. Dazu gehören natürlich auch Büros und Gewerbe, aber eben auch Kunst- und Kulturangebote ebenso wie Wohnlösungen, die auf die agile, moderne Gesellschaft ausgerichtet sind. Mit variablen Appartements für unterschiedliche Lebensphasen. Das i-Tüpfelchen sind öffentlich zugängliche Roof-Top-Restaurants, Dachgärten, Lounges oder Skybars mit Aussichtsplattform. Für einen grandiosen Rundum-Blick.
Was wir jetzt und künftig brauchen sind neue identitätsstiftende Gebäude und öffentliche Räume. Mehr außergewöhnliche Architektur, mehr mutige Bauwerke. Mehr Identifikation. Nur das garantiert nachhaltig mehr Lebensqualität für die Menschen. Denn die Lebensqualität ist die Essenz von Architektur. Wir sollten der Wohnungskrise einen positiven Effekt abtrotzen und neue, kreative Modelle entwickelt. Wieder Maßstäbe setzen, für eine ästhetische Nachhaltigkeit. Noch nie war die Chance dazu so groß wie heute, die Gesellschaft ist offen und heterogen, es braucht Umsetzungen - jetzt.