01.02.2019
Anja Sturme
Angela Rüter
Petra Banzhaf

„Die Verkehrswende kommt, weil der Klimawandel nicht geht“

Gehören Mobilitäts-Hubs in die Quartiere?

Das Thema Mobilität steht ganz oben auf der Liste von Projektentwicklern und Investoren, wenn es um die Konzeption neuer Immobilienprojekte geht.

Die spannende Frage ist: Wie wird sich diese Mobilität in den nächsten Jahren entwickeln und wie stellen sich Immobilienprofessionals darauf ein?

In vieler Hinsicht ein Blick in die Glaskugel, aber aus den Fachbeiträgen auf dem 1. Mobilitätsgipfel von Heuer Dialog, zu dem mehr als 80 Besucher nach Essen kamen, leiten sich Perspektiven ab für die Marktfähigkeit der Immobilien von Morgen.

Status Quo

  • Das Auto wird durchschnittlich 46 Minuten am Tag bewegt. Die Stehzeit beträgt folglich 97 Prozent.
  • Parkplatzsuchende verursachen 30 Prozent des Verkehrs.
  • Der Mensch steht 30 Stunden pro Jahr im Stau.

Ein Ende ist nicht in Sicht, jährlich werden ca. 1 Mio. Kraftfahrzeuge in Deutschland zusätzlich zugelassen.

Top Mobility-Städte in Europa

Zürich, Paris, London, Frankfurt und Amsterdam sind im europäischen Kontext in Sachen Mobilität weit vorne. In die Bewertung für diesen sogenannten Mobility Index fließen u.a. die Fahrradfreundlichkeit der Städte – mit einem eigenständigen, vom Verkehr abgekoppelten Fahrradwegenetz – und ein funktionierender ÖPNV mit ein. Eine flächendeckende Ladeinfrastruktur ist allerdings erforderlich, um im Wettbewerb des Mobilitätsrankings „bestehen“ zu können, erläuterte Thorsten Schulte von der Firma Arcadis Germany GmbH.

Bahnhöfe werden zu Mobilitäts-Hubs und „third places“

Julia Jaspers von der Deutschen Bahn skizzierte den Teilnehmern die Strategie des Unternehmens, Mobilität und Logistik zusammen zu denken. „Zukunftsfähige Mobilität geht nur gemeinsam“, so Jaspers. Bahnhöfe seien schon jetzt wichtige Mobilitäts-Hubs und das Ziel der DB sei es, so Jaspers, Bahnhöfe zu sog. „third places“ zu entwickeln, quasi ein intermodaler Umsteigeplatz für die diversen Verkehrsmittel: Bahn, Fahrrad, Roller, ÖPNV, Autos, Pedelecs etc...

Kommunen sind der Knotenpunkt im Netzwerk

Alexander Handschuh vom Deutschen Städte- und Gemeindebund berichtete, dass sich die Kommunen auf dem Weg machen, Zukunftsinvestitionen für die Mobilität zu tätigen. Digitalisierung sei strategischer Stadtumbau in sehr hoher Geschwindigkeit. Die meisten Kommunen hätten noch keine Strategie, sehen aber große Chancen in der Digitalisierung.

Berlin ist Welthauptstadt des Car-Sharing

Seit 2017 gibt es ein Car-Sharing Gesetz, dass es sowohl für Städte als auch für Anbieter von Car-Sharing Parkplätzen einfacher macht, solche Stellplätze zu realisieren. Kommunen sind durchaus verhandlungsbereit, wenn es um die Aussetzung von Stellplatzverpflichtungen geht, bei gleichzeitiger Bereitstellung von Car-Sharing Parkplätzen durch den Bauherren. So ersetzt in Dresden beispielsweise 1 Car-Sharing Parkplatz 5 PKW Stellplätze. Die Quoten unterscheiden sich von Stadt zu Stadt und scheinen momentan für eine Verhandlungsbasis offen zu sein.

Interessant für die Immobilienwirtschaft war auch die Erkenntnis, die der Car-Sharing Verband in einer Umfrage gewonnen hat: Car-Sharing Kunden nutzen eher Einkaufsmöglichkeiten in der Nähe ihres Wohnortes. Dies führt letztendlich zu einer Stärkung der umgebungsnahen Infrastruktur.

Mobilität und Parken

Zum Thema Mobilität gehört auch der ruhende Verkehr. Die Technik wird in Parkhäusern erwartungsgemäß weiterentwickelt. Parken wird digitaler, effektiver und autonomer. Parken wird auch teurer. Die öffentliche Hand wird das Parken im öffentlichen Raum auf Dauer nicht mehr fördern. Was mit den Parkhäusern passiert, wenn weniger Autos im Verkehr sind, bleibt offen. Für Drittverwendungsmöglichkeiten von Parkhäusern im großen Stil gab es beim Gipfel noch keine klaren Konzepte.

Mobilitäts-Hub ist Wertsteigerung: Die ersten Projekte mit Mobilitätskonzepten

Es wurden einige Projekte vorgestellt, in dem vorbildliche Lösungen für Mobilität integriert sind, wie zum Beispiel „The Craddle“ und das „Grand Central“ in Düsseldorf und das Schwabinger Tor in München. „Mobilitäts-Hub ist Wertsteigerung“, betonte Klaus Franken von der Firma Catella, die das Grand Central in Düsseldorf entwickelt.

ULI Vertreterin Stephanie Baden stellte verschiedene Modelle der Stadt der Zukunft vor. Bei der daran anschließenden Diskussion mit führenden städtischen Vertretern aus Essen und München sowie aus der Region Mittlererer Oberrhein und Marianne Weinreich vom Fahrradclub Dänemark kam zum Ausdruck, dass das Thema Mobilität für alle Stakeholder eine große Rolle spielt. Es ist wichtig, den Menschen bei der Gestaltung unserer Städte in den Mittelpunkt zu stellen. Um den Mobilitätskollaps zu verhindern, muss der Bürger sein Mobilitätsverhalten verändern. Scheinbar ist der Schmerz noch nicht groß genug, als dass es ausgeprägte Verhaltensänderungen gibt.

„Wir brauchen mehr mutige Politiker“

Gleichzeitig ist die Politik gefordert. Politiker müssen durchsetzen, dass der öffentliche Raum zugunsten von Fußgängern und Fahrradfahrern anders verteilt wird, dass der ÖPNV bezahlbar und so gut ausgebaut wird, dass mehr Menschen diesen sinnvoll nutzen können. Ein hochspannender Diskurs zwischen Bürgern und Politikern muss in jeder Kommune in Gang gesetzt werden.

Entwickler und Investoren sollten Mobilitätskonzepte bereits jetzt in ihren Quartieren implementieren, um diese besser erreichbar zu machen. Projekte, die heute geplant werden, werden in einem Zeitraum von 5 – 10 Jahren realisiert. Wie sich die Mobilität bis dahin entwickelt hat, wissen wir heute nicht. Aber wir müssen sie für unsere in Zukunft gebaute Wirklichkeit schon heute bedenken. Also im Kleinen, Schritt für Schritt das Große gemeinsam erreichen.

In diesem Sinne freut sich Heuer Dialog auf einen weiteren kontinuierlichen Austausch mit der Branche zu diesem Thema und lädt schon jetzt zum 2. Mobilitäts-Gipfel 2020 ein. Lassen Sie sich überraschen, wann und wo!

Die Autoren
Anja Sturme
Projektleitung
Sturme Communications
Angela Rüter
Projektleiterin
Heuer Dialog
Petra Banzhaf
Projektleiterin
Sturme Communications