Der Autor
Michael EhretGeschäftsführender Gesellschafter, ehret + klein GmbH
Die Metropolregion München ist wie ein Rohdiamant: reich an Tradition und High Tech, Kreativkultur und Naturlandschaft. Dennoch sind auch hier die negativen Trends der Urbanisierung spürbar: Das Ballungsgebiet rund um München platzt aus allen Nähten, während der ländliche Raum sich zu entleeren droht. Als Quartiersentwickler vieler Projekte in Metropolregionen stellt sich ehret+klein die Frage, wie diesem Trend entgegen zu wirken ist? Wie kann der ländliche Raum gestärkt und seine Begabungen gehoben werden?
Es beginnt mit der Erreichbarkeit und Anbindung zum Umfeld von Städten und Gemeinden. Auch in ländlichen Gegenden sind Gewerbe, Handel, Dienstleistung und Industrie darauf angewiesen, dass sowohl die Wege zur Arbeit, der Dienstleistungs- als auch der Güterverkehr existieren und funktionieren. Hier besteht ein Nachholbedarf in der Sicherung von Intrastrukturen; zuverlässige öffentliche Verbindungen, die Anbindung an ein (Bundes-) Fernstraßennetz, als auch beispielsweise stabiles WLAN.
Zugleich ist die intensive Beschäftigung mit der Aufenthalts- und Lebensqualität essentiell für die Stärkung des ländlichen Raumes. Wie muss ein Ort gestaltet sein, dass Menschen dort in Zukunft leben, arbeiten, einkaufen und sich begegnen möchten? Und was bedeutet Urbanität? Urban heißt nicht Stadt, sondern Struktur, die alles bietet was es zu einem guten Leben braucht.
Besonders erfolgversprechend sind hier Mischquartiere, die attraktive Lebens- und Arbeitsräume bieten, indem sie Gewerbe, Wohnen und Handel auf kurzen Wegen vereinen. Die Menschen in ländlichen Räumen können so eine Arbeitsstelle in unmittelbarer Nähe ihrer Wohnung finden. Die Notwendigkeit, in ein städtisches Büro zu pendeln, wird geringer. Für Einkäufe muss nicht gleich die Großstadt aufgesucht werden. Das entlastet die Verkehrswege und erhöht die Lebensqualität. Diese Philosophie verfolgt ehret+klein seit der Gründung im Jahr 2006 und entwickelt lebendige Quartiere wie beispielsweise in Tutzing, Maisach und Landsberg a. Lech.
Das Projekt „Urbanes Leben am Papierbach“ steht für die Konversion eines ehemaligen Pflugfabrikgeländes in Landsberg a. Lech zu einem modernen zukunftsweisenden Mischquartier von 2016 bis 2024. Zukunftsweisend ist das Quartier auch deshalb, weil es nutzerorientiert und langfristig gedacht ist.
Anhand von Trendstudien wissen wir heute bereits, wie die Menschen zukünftig leben möchten: ökologischer, umweltfreundlicher, vernetzter. Aus einer Studie des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) geht beispielsweise hervor, dass in Berlin ein stationäres Carsharing-Auto bis zu 15,8 individuell genutzte Autos ersetzen wird. Auf dieses geänderte Mobilitäts- und Besitzdenken will das geplante Quartier in Landsberg mit stationären Car- und Bike-Sharing-Modellen sowie Ladestationen für Elektrofahrzeuge reagieren. Daraus resultieren weniger Abgase, weniger Lärm und somit eine höhere Lebensqualität. Durch die Nutzung nachhaltiger Energiequellen sowie einer intelligenten Vernetzung von Wärme, Strom und Mobilität wird das Quartier aktiv zur Minimierung des CO2-Fußabdrucks beitragen. Dies entspricht einem ressourcenschonenden Umgang mit der Umwelt.
Weitergedacht können diese Wohn- und Arbeitswelten in Mischquartieren auch so konzipiert werden, dass sie zukünftig auch anderweitig nutzbar sind. Von Mischquartieren hin zu Mischnutzung, wie es beispielsweise Co-Working-Konzepte in Großstädten zeigen. So plant die die Deutsche Bahn kommendes Jahr Bahnhöfe für mobiles und agiles Arbeiten bereitzustellen. Dieses Konzept ist auch für kleinere Städte und Gemeinden denkbar. Die Nutzung von Bahnhöfen, Kindergärten oder Vereinsheimen könnte für Kreative, Selbstständige und Freiberufler möglich gemacht werden und attraktive Arbeitsbedingungen in der Region schaffen.
Stadt und Gemeinde im ländlichen Raum gewinnen tatsächlich immer mehr an Bedeutung als Versorgungs- und Arbeitsmarktzentren – also als regionale Entwicklungszentren mit sozialen und integrativen Lebenskonzepten. Zu diesem Ergebnis kommt auch die Studie „Greater Munich. Immobilienmarkt-Bericht 2018/2019“ von bulwiengesa und ehret+klein, die sich mit Investitionspotenzialen und Begabungen von Städten und Gemeinden in der Metropolregion München beschäftigt. Zu beziehen ist die 180-seitige Studie bei k.kruppok@ehret-klein.de gegen eine Schutzgebühr von 250 €.