01.10.2018
Anett Gregorius

Der deutsche Serviced-Apartment-Markt gehört zu den Shootingstars der Tourismus- und Immobilienbranche

Ein Markt auf großer Reise

Die Mega-Trends sagen dem Segment Mega-Zeiten voraus – vor allem auch, weil die Zielgruppen stetig wachsen. Schon jetzt ist absehbar, dass sich dabei Serviced Apartments in ihrer Form und in ihrem Angebot wandeln werden.

Ein Wachstum von 42 Prozent bis 2020, der zweite Platz bei den europaweiten Expansionsplänen und das Potenzial zur Verdreifachung innerhalb der Hotellerie auf 10 Prozent bis 2030. Die britische Fachpresse katapultiert den deutschen Serviced-Apartment-Markt mit Blick auf solche Zahlen in den Status des „Silicon Valley Europas“. Und auch wenn sich „die Deutschen mit solchen Superlativen durch den ewig-kritischen Blick auf mögliche Wirtschaftskrisen schwer tun“, betont die Apartmentservice-Inhaberin Anett Gregorius. „Ich habe in den letzten 20 Jahren kein vergleichbares Wachstum aus und in alle Richtungen erlebt. Der Markt hat in Deutschland endgültig seine Nischenposition verlassen und erfindet sich mit adaptierten Konzepten neu.“ Allein bis 2020 werden 13.900 neue Einheiten entstehen und damit, laut dem Marktreport Serviced Apartments 2018 von Apartmentservice, die bisher 33.400 Einheiten in fast 600 Häusern ab 15 Einheiten um 42 Prozent ergänzen. Aktuell sind, ähnlich wie in der klassischen deutschen Hotellerie, 63 Prozent der Häuser Einzelbetriebe und prägen vor allem als Apartmenthäuser den Markt mit vergleichsweise wenigen Einheiten und einem hohen Grad an Individualität – ein Anteil der sich zugunsten der vielerorts angekündigten Expansionen und Markteintritte neuer Brands bald verschieben wird. Gleichzeitig sank im letzten Jahr die durchschnittliche Aufenthaltsdauer auf 27 Nächte, wobei der Longstay nach wie vor das Segment bestimmt.

In puncto Preispolitik setzten rund 51 Prozent der von Apartmentservice befragten Anbieter 2017 Ratenerhöhungen durch. Die durchschnittliche Zimmerrate lag bei 101 Euro und damit erstmals über der klassischen Hotellerie in Deutschland. Auch die günstigste verfügbare Rate legte 2017 mit 75 Euro im Vergleich zum Vorjahr deutlich zu.

Zielgruppenzuwachs mit Zukunft

In Deutschland kommen mehrere Trends zusammen, die die große Nachfrage und das steigende Angebot an Serviced Apartments begründen. Zum einen ist es die berufliche Mobilität, die das Land seit den 1990er Jahren erfasst hat und bis heute Geschäftsreisende, die projektbezogen in einer anderen Stadt arbeiten, zur Hauptklientel von Serviced Apartments macht. Das Segment generierte 2017 rund 14,2 Mio. Übernachtungen und damit 2,7 Mio. Übernachtungen mehr als im Vorjahr – zu etwa 70 Prozent mit Geschäftsreisenden. Zugleich sorgen die Mega-Trends Urbanität, Individualität und New Work immer mehr dafür, dass temporäre Unterkünfte auch für Young Professionals, Studenten oder Singles eine optimale Lösung für ein Zuhause auf Zeit sind. Denn es geht um neue Lebensabschnitte im beruflichen wie privaten, um neue Lebensformen und damit neue Wohnformen. „Wir bauen nicht mehr ein Haus für das ganze Leben“, drückt es die Zukunftsforscherin Onno Strathern aus. Sondern weil „wir länger leben und viel mehr verschiedene Lebensphasen haben, brauchen wir auch verschiedene Lebensräume für die verschiedenen Lebensphasen“. Zum anderen blickt Deutschland auf eine stabile wirtschaftliche Lage in fast allen deutschen Metropolen, auf geringe Arbeitslosenzahlen sowie auf einen wiederum angespannten Wohnungsmarkt. Und: Der Tourismusmarkt in Deutschland verbucht jedes Jahr ein neues Rekordjahr – sowohl im Leisure-Bereich mit einem starken Zuwachs an Städtereisenden, als auch im Business-Bereich durch die hohe Bedeutung als Kongress- und Tagungsstandort. Mit Blick auf die Summe dieser Trends lockt das Serviced-Apartment-Konzept neue Zielgruppen auf den Markt und durch die hohen Renditeaussichten auch immer mehr größere Investoren, Entwickler und neue Betreiber. Im Fokus stehen vor allem München, Berlin, Frankfurt und Hamburg sowie einige B-Destinationen wie Freiburg, die wichtige Wirtschafts- oder Universitätsstandorte bilden. „Frankfurt am Main ist der derzeit dynamischste Standort in Deutschland mit vielen neuen oder sich noch in der Pipeline befindenden Projekten“, schätzt Anett Gregorius ein. „Der Umzug der EZB, der geplante ‚‘Brexit‘ oder die Ausweisung neuer hochattraktiver Bauflächen wie im Europaviertel haben Frankfurt als Wirtschaftsstandort noch einmal wesentlich stärken können.“ Am nachhaltigsten wächst München: „Seit Jahren gibt es hier trotz stetigem Apartmentwachstum eine konstante Nachfrage und Auslastung bei stabil hohen Preisen. Neue Objekte absorbiert der Markt organisch. Keine andere deutsche Stadt scheint so sehr die Nachfrage nach Business und Leisure gleichermaßen erzeugen und befriedigen zu können.“ Bis 2020 wächst sie noch einmal um ca. 2.700 Einheiten und damit um 51 Prozent. Und Berlin? Die Hauptstadt wird in den nächsten Jahren mehr in den Fokus rücken, vor allem bei internationalen Serviced-Apartment-Anbietern durch den massiven Anstieg der Wohnungspreise. Schon jetzt verzeichnet Berlin im internationalen Vergleich, laut Global City Residential Index 2018 von Knight Frank, mit 20 Prozent den weltweit höchsten Preisanstieg im Vergleich zu 2017.

Bleibt noch ein Trend, der direkt mit dem exponentiellen Wachstum zusammenhängt: Das Thema Markenbildung samt eingeplantem Roll-out und hoher Professionalisierung, das einen hohen Stellenwert im Serviced-Apartment-Segment erhalten hat. Haben bisher vor allem die Living Hotels, Adina Apartment Hotel sowie Aparthotel Adagio und Aparthotel Adagio Access hier die Anteile der Kettenbetriebe im Segment stetig erhöht, so sind auch neue ausdifferenzierte Brands wie SMARTments business hinzugekommen. Marken wie Residence Inn (Marriott), i Live, ADAPT APARTMENTS und ipartment haben wiederum bis 2020 mehr als 500 Einheiten in der Planung, sodass auch diese ihre Marktpräsenz stark ausweiten werden.

Wohin geht die Reise?

So gesehen betreten tendenziell mehr Apartmenthotels im Vergleich zu klassischen Apartmenthäusern den Markt. Dabei werden in den A-Destinationen und im wohnwirtschaftlichen Bereich immer größere Objekte mit z. B. 580 Einheiten statt nur 150 anvisiert. Und viele setzen hierbei auf Mikroapartments, also auf Einheiten unter 25 m² mit keinen oder sehr kleinen Küchenlösungen. Mikroapartments stellen inzwischen den größten Anteil des Angebots an Serviced Apartments in Deutschland dar und werden zugleich am häufigsten nachgefragt. Hinzu kommen zahlreiche Mixed-Use-Lösungen, also Kombinationen aus Hotel, Wohnungen und Einzelhandel mit fließend ineinander gehenden Community-Bereichen. Vienna House z. B. startet in rund vier Jahren in München ein Mixed-Use-Konzept mit der neuen Marke R.evo. Einen der wichtigsten Entwicklungsschritte erlebt das Segment diesbezüglich aber mit dem bevorstehenden Markteintritt und Expandieren neuer internationaler Serviced-Apartment-Brands – allen voran mit SACO aus Großbritannien und der Staycity Group aus Irland. Zudem wird ein Vorreiter hybrider Konzepte, The Student Hotel, demnächst in Dresden und Berlin starten. Nach Großbritannien steht damit Deutschland, laut einer Studie von Catella, europaweit auf Platz 2 der aktuellen Expansionspläne nationaler und internationaler Player. Zieht man ein Zwischenfazit, so sind die Wachstumsszenarien das eine. Eine tiefgreifende Dynamik erfährt der Serviced-Apartment-Markt in Deutschland mindestens genauso durch die Adaption neuer Konzepte. In Form von Quartiersbildungen. In Form von immer kleineren Apartmenträumen zugunsten immer größerer Community-Flächen mit Koch-, Entertainment und Co-Working-Zonen. In Form von Mix und Matches für alle denkbaren Zielgruppen. In der Folge mischen sich die Zielgruppen und Aufenthaltsdauern von einer Nacht bis sechs Monate. Der klassische Business-Apartment-Gast trifft wie im The Student Hotel auf den Studierenden, den Städtereisenden oder den Einheimischen, der in der Lobby im Co-Working-Bereich arbeitet.

Berater, Betreiber und Investoren müssen die bisherigen Schablonen des Serviced Apartments neu anlegen. Sind Küchen zum Beispiel noch ein Muss, wenn sich (die neuen) Longstay-Gäste eine Gemeinschaftsküche wünschen? Haben Aparthotels für den Longstay ausgedient? Inwiefern unterscheidet sich ein Serviced Apartment noch von anderen temporären Wohnformen? Und wollen die Gäste das auch? Antworten darauf liefert u. a. die SO!APART, die jährliche Fachtagung für den deutschsprachigen Raum von Apartmentservice, am 14. und 15. November 2018 in Leipzig. Neben einer Gästestudie, die vorgestellt wird, treten die Gestalter des Segments in einen Diskurs, wohin sich die Branche weiter sinnvoll bewegen kann. „Wir alle müssen uns viele Fragen stellen“, ist Anett Gregorius überzeugt – gerade auch mit Blick auf den Einzug der ersten Budgetmarken und neuer günstiger Mikroapartmentprojekte der Wohnwirtschaft. „Denn wir beobachten auch, dass Unternehmen die Budgets für die Unterbringung ihrer Gäste mehr und mehr begrenzen“, erklärt sie. „Die Preissensibilität ist in den letzten Jahren spürbar größer geworden und damit auch die Schere zwischen den verschiedenen Serviced-Apartment-Angeboten. Künftige Konzepte werden sich mehr denn je an der Frage der mehrheitlich gewünschten Aufenthaltsdauern und angemessenen Preis-Leistungs-Verhältnisse orientieren müssen.“

Apartmentservice ist der Experte für Serviced Apartments in Deutschland und vermittelt auf dem gleichnamigen Portal Serviced Apartments in Deutschland und weltweit. Die Inhaberin und Branchenpionierin Anett Gregorius berät mit ihrem Team zudem seit über 15 Jahren Investoren, Projektentwickler und (potenzielle) Betreibern strategisch im Spezialsegment der Serviced Apartments, führt seit vielen Jahren eigene Marktfbefragungen durch und erstellt jährlich einen ausführlichen Marktreport.

www.apartmentservice-consulting.de
www.apartmentservice.de/soapart

Die Autorin
Anett Gregorius
Gründerin und Inhaberin
Apartmentservice