20.09.2018
Hermann Josef Thiel

Gesundheitsminister Spahn (CDU!) will die Gewinne von Pflegeunternehmen deckeln.

Der Markt ist die Lösung, nicht das Problem!

Marktfeindlichkeit ist im politischen Mainstream angekommen. Für die Versorgungssituation ist das brandgefährlich: Ein besseres Werkzeug zur Angebotssteuerung als den Markt haben wir nicht. Und auf das Geld privater Investoren können wir nicht verzichten.

Die fünf größten Irrtümer der Marktgegner:

  1. Markt und Sozialsektor stehen in einem klaren Widerspruch.
    Nein! Professionelle Pflege ist eine (knappe!) Ressource, die wir wirtschaftlich nutzen und sinnvoll verteilen müssen. Ein (rechtlich eingehegter!) Markt und Wettbewerb sind die wirksamsten Steuerungsinstrumente, um ein bedarfsgerechtes Angebot, Qualität und Innovation zu gewährleisten. Nicht mehr und nicht weniger. Diese Funktion von „Markt als Entdeckungsverfahren“ bildet das Fundament unserer Sozialen Marktwirtschaft. Und diese Funktion kann und soll er auch im Pflegesektor erfüllen: So will es ausdrücklich das 1995 eingeführte SGB XI.
  2. Der Markt hat im Pflegesektor versagt.
    Nein! Weder gibt es einen unkontrollierten Bauboom von Pflegeheimen, noch exzessive Renditen. Im Gegenteil: Infolge von Regulierung und Rechtsunsicherheit werden viel zu wenig Heime gebaut. Und die möglichen Renditen sind so niedrig, dass sogar der Caritas-Verband kürzlich die Frage gestellt hat, ob das Vergütungssystem noch das Betreiber-Risiko abdeckt. Rendite-Maximierung auf Kosten der Mitarbeiter kann sich angesichts des akuten Personalmalgels ohnehin kein Betreiber leisten. Auch die „leeren Pflegebetten“, die immer mal wieder als Beleg für eine Fehlentwicklung des Marktes angeführt werden, gibt es nicht. Die Auslastung der Pflegeheime liegt bundesweit bei über 90 Prozent. Und selbst wenn sie gäbe, wäre das kein Problem: Ein leeres Pflegebett kostet die Pflegekassen keinen Cent. Das (Kosten-)Risiko trägt allein der Betreiber!
  3. Das Pflegeangebot geht an der Nachfrage vorbei. Die Menschen wollen nicht im Heim, sondern zu Hause versorgt werden.
    Das wünschen sich tatsächlich die meisten. Wünsche und tatsächliche Bedürfnisse fallen hier jedoch auseinander. Die Zahlen zeigen dies deutlich: Die Heimquote ist seit Jahren relativ konstant, die Nachfrage nach stationären Pflegeplätzen steigt stetig an. Und zwar nicht aus Mangel an Alternativen (die gibt es ja!), sondern weil dies ab einem bestimmten Grad von Pflegebedürftigkeit in der Regel die beste Versorgung ermöglicht. Es ist gerade das Verdienst des Marktes, dass er sich nicht an utopischen Wünschen, sondern an den realen Bedürfnissen orientiert!
  4. Mit der Pflege alter Menschen Geld zu verdienen, ist unmoralisch.
    Warum? Sollen Ärzte, Rettungsdienste und Medikamentenhersteller etwa auch kein Geld verdienen dürfen? Gute und professionelle Versorgung kostet Geld. Wer dazu Leistungen und Infrastruktur bereitstellt, muss investieren und trägt ein unternehmerisches Risiko. Dieses Risiko zu vergüten ist nicht nur nicht zu beanstanden, sondern zwingend notwendiger Anreiz.
  5. Der Staat ist der bessere Garant für eine bedarfsgerechte Versorgung.
    Die Geschichte des 20. Jahrhunderts lehrt uns etwas anderes. Aber man braucht noch nicht einmal den Blick auf sozialistische Wirtschaftssysteme zu lenken, um dafür Belege zu finden. Sogar in Deutschland, einem der wohlhabendsten Länder der Erde, herrschen in der öffentlichen Daseinsvorsorge auf allen Ebenen chronische Mittelknappheit, Investitionsstau und Ausgabenkürzungen – von der maroden Autobahnbrücke bis zur Schulturnhalle. Gerade in der Pflege zieht sich der Staat seit Jahren immer mehr aus der Finanzierung zurück. Keine vielversprechenden Aussichten für eine staatliche Pflegeplanung als Alternative.

Wer private Investoren als „Renditejäger“ und den Markt als „Pflege-Monopoly“ verunglimpft, sollte die Brille der Moral abnehmen und einen unverstellten Blick auf die Tatsachen richten: Dem Pflegemarkt und den Kunden ist mehr zu trauen als den Luftschlössern und populären Wunschvorstellungen der Politik.
Nach den aktuellen Berechnungen des Instituts der Deutschen Wirtschaft wird sich die Zahl der Pflegebedürftigen bis 2035 von derzeit rund 3 auf 4 Mio. erhöhen. Diese Menschen müssen wir alle versorgen können, und zwar mit effizienten und für Bewohner, Kunden und Mitarbeiter attraktiven Konzepten. Ohne den Markt als Steuerungsmechanismus und das Kapital privater Investoren werden wir das nicht schaffen.

Der Autor
Hermann Josef Thiel
Geschäftsführer
TERRANUS Consulting GmbH