Schnelligkeit, Flexibilität, Professionalität und vor allem ein vertrauensvolles Miteinander zwischen Projektentwickler/Investor und Kommune sind die wichtigsten Garanten für eine erfolgreiche Konversion.

Wie schreibt man eigentlich Stadtgeschichte? Jan Eitel im Interview über die Entwicklung des Trierer Petrisbergs

"Die Chance nutzen und gestalten!" - Jan Eitel, einer der erfahrensten und erfolgreichsten "Konversions-Entwickler" Deutschlands im Interview über die freiwerdenden Kasernenflächen in NRW.

Jan H. Eitel 31. August 2018

CT: Herr Eitel, der Trierische Volksfreund schreibt über Sie, Sie hätten Stadtgeschichte geschrieben. Was ist da passiert?

JE: Vorsicht! Man sollte nicht alles glauben was in der Zeitung steht. Aber in der Tat konnten wir in 15 Jahren mit der EGP GmbH einiges bewegen und die ganze Klaviatur der Projektentwicklung auf großen Konversionsflächen spielen. So wurden von uns u.a. 70 Hektar auf dem Petrisberg und über 40 ha in Castelnau (Trier) entwickelt, was natürlich nicht unbemerkt bleibt. Es sind also auf über einer Millionen Quadratmeter ganz neue Stadtteile entstanden mit einem großen Augenmerk auf Gestaltung, Durchmischung und Funktionalität sowie ein toller Wirtschaftsstandort, der WIP Wissenschaftspark Trier.

 

CT: War die erfolgreiche Entwicklung in ein lebendiges Quartier ein Selbstläufer?

JE: Wie nennt man das Gegenteil eines Selbstläufers? Spaß beiseite: eher nicht. Die Spezialdisziplin Konversionsentwicklung ist ausgesprochen komplex und es bedarf des Zusammenwirkens unzähliger Beteiligter. Es gab aber natürlich auch begünstigende Faktoren, wie eine Landesgartenschau 2004 auf dem Petrisberg oder die sehr gute Zusammenarbeit mit der Stadt - genau wie es auch zu bewältigende Krisen und Hindernisse gab.

 

CT: Im Nordosten Nordrhein-Westfalens werden in den kommenden Jahren durch den Abzug der Briten viele oft innenstadtnahe Kasernenflächen frei. Haben Sie einen Tipp für die betroffenen Kommunen?

JE: Die Chance nutzen und gestalten! Wann hat man als Kommune schon mal die Möglichkeit die Weichen für die nächsten Jahrzehnte auf so großen zusammenhängenden Flächen zu stellen? Das bedeutet im Umkehrschluss natürlich auch eine Menge Verantwortung. Aber die einmalige Gelegenheit in diesem Ausmaß gestalten zu können, sollte doch Mut und Begeisterung hervorrufen. Gleichzeitig gilt es aber auch die Entscheidungen nicht politisch zu zerreiben, übertriebene Forderungen zu stellen oder Eigeninteressen ("ja, aber nicht vor meiner Haustüre") vor allgemeine und zukunftsgerichtete Interessen zu stellen. Ich würde mir oftmals mehr Mut und Entscheidungsfreudigkeit wünschen. Manchmal hat man den Eindruck, dass Dinge nicht entschieden oder ewig zerredet werden aus Angst, vielleicht etwas falsch machen zu können.

Und wenn wir schon beim Wunschkonzert sind: Schnelligkeit und Flexibilität sind mit die wichtigsten Garanten für Erfolg. Die Prozesse bei der Baureifmachung - und, wie gesagt, der Entscheidungsfindung - dauern oft viel zu lange. Flexibilität ist ebenso entscheidend. Wir dürfen uns nicht einbilden, dass wir heute schon wissen, was in zehn Jahren (oder länger) wichtig wird. Dazu ändern sich Gesellschaft und die Anforderungen viel zu schnell. Deswegen ist ein hohes Maß an Flexibilität - auch in Bebauungsplänen - wichtig. Wir neigen aber eher dazu, alles bis zur kleinsten Schraube festschreiben zu wollen. Meist aus Angst oder fehlendem Vertrauen. Gewinnen wird aber der, der auf Veränderungen schnell reagieren kann.

 

CT: Welche Impulse erwarten Sie vom Immobilien-Dialog Konversion - für sich und vor allem die Region rund um Paderborn?

JE: Über den Tellerrand zu schauen und sich inspirieren zu lassen ist das A und O erfolgreicher Projektentwicklung. Dabei geht es nicht um Blaupausen sondern um den Austausch und um Offenheit. Für mich immer ein Highlight! Diese Prämissen gelten auch für die Region. Man muss nicht immer das Rad neu erfinden und es tut gut, gemeinsam die Zukunft zu denken.

 

Der Autor
Jan H. Eitel
Gesellschafter, Quartiersmanufaktur GmbH und Co. KG