31.08.2018

Megatrends im Einzelhandel

Die Renaissance des klassischen Einkaufs

Wie sieht die Stadt der Zukunft aus? Das hängt davon ab, wie und wo wir in Zukunft leben wollen. Leben bedeutet Wohnen, Arbeiten, Freizeit und – auch in Zukunft maßgeblich für die DNA und das Aussehen einer Stadt – Einkaufen.

Der stationäre Einzelhandel ist ein prägendes Element unserer Städte – insbesondere der Innenstädte. Deshalb werden die Veränderungen im Handel auch das Bild der Städte verändern. Entscheidend ist dabei die Frage: Wie kaufen wir in Zukunft ein? Der Einzelhandel steht schon jetzt unter hohem Wandlungsdruck durch die Digitalisierung, allen voran durch den wachsenden Online-Handel. Der Blick auf die Gegenwart verrät daher bereits einiges über die nahe Zukunft. Doch um den langfristigen Wandel des Handels und damit auch der Handelsimmobilien einschätzen zu können, bedarf es der Analyse und Interpretation langfristiger und tiefgreifender Megatrends.

Das Einkaufsverhalten der Kunden hat sich bereits in den vergangenen Jahren unter dem Einfluss des E-Commerce drastisch verändert. Der Normalfall ist inzwischen das selektive Multi-Channel-Kaufverhalten. Je nachdem, für welchen Bedarf und zu welchem Anlass die Verbraucher Produkte suchen, bestellen sie online oder kaufen offline im Laden ein. Oder sie kombinieren beides miteinander, indem sie sich zuerst online informieren und anschließend offline kaufen oder umgekehrt. Dabei gibt es individuelle Präferenzen, auch abhängig vom Alter der Konsumenten – grundsätzlich sind aber längst alle Alters- und Bevölkerungsgruppen online und kaufen im Internet ein. Der Einzelhandel reagiert auf diese Entwicklung mit zwei Strategien: Zum einen setzt er selbst immer stärker auf Multi- beziehungsweise Omni-Channel-Konzepte und verquickt auf vielerlei Weise die physische mit der digitalen Welt. Dadurch rücken auch Logistik und Einzelhandel näher zusammen. Zum anderen verwandelt er das Einkaufen vom reinen Warenerwerb in ein Event mit Erlebnischarakter. Diese Trends sind keine Zukunftsmusik, sondern Gegenwartsbeschreibungen.

Wie aber sieht die nähere Zukunft des Einzelhandels aus? Ein Trend, der sich abzeichnet, ist der weitere Siegeszug neuer digitaler Technologien. So dürfte die Weiterentwicklung der künstlichen Intelligenz die Handelslogistik autark vom Menschen und gleichzeitig noch flexibler und effizienter machen – entlang der gesamten Wertschöpfungskette, aber insbesondere auf der letzten Meile. Lieferroboter und Drohnen könnten den Kunden beispielsweise unterwegs antreffen. Die Kombination von künstlicher Intelligenz mit Big Data könnte dem Marketing eine Personalisierung seiner Botschaften auf die aktuelle Stimmungslage des Kunden in Echtzeit ermöglichen. Virtual und Augmented Reality werden zudem die Grenzen zwischen physischer und virtueller Realität immer weiter verschwimmen lassen. Aus Einkaufsentscheidungen wird dann erlebter Konsum, an jedem Ort und zu jeder Zeit.

Gleichzeitig ist aber bereits in Ansätzen erkennbar, dass es dazu auch eine Gegenbewegung geben wird, die das unmittelbare Erlebnis und das persönliche Erfahren mit allen Sinnen wieder in den Mittelpunkt stellt. Für diese Konsumenten sind Nähe, Qualität und Identifikation mit dem Händler und seinen Produkten wichtige Kriterien, sei es auf dem Wochenmarkt oder in der Manufaktur. Wenn viele Dinge immer digitaler und austauschbarer werden, wird Individualität eine begehrte Eigenschaft.

Je weiter man den Blick nach vorn richtet, desto spannender wird es – aber desto größer werden auch die Fragezeichen. Wenn Technologie zur Selbstverständlichkeit wird, rückt dann der Mensch wieder stärker in den Mittelpunkt? Mit einer Renaissance des klassischen Einkaufs, bei dem wir uns wieder selbst auf die Suche nach den für uns besten Produkten begeben wollen? Vielleicht wird das „gemeinsame Einkaufen“ zur sozialen Interaktion in einer ansonsten vollständig digitalisierten Welt, das Ladenlokal damit zum Treffpunkt. Vielleicht führt aber auch die Sharing Economy dazu, dass der Besitz materieller Güter und damit letztlich auch das Einkaufen überwiegend als überflüssig empfunden werden.

Angetrieben durch Megatrends wie Digitalisierung, Urbanisierung und ein sich veränderndes Konsumverhalten, unterliegt der Einzelhandel einem stetigen Wandel. Welche Einzelhandelsimmobilien werden sich vor diesem Hintergrund als zukunftsfähig und damit als nachhaltig wettbewerbsfähig erweisen? Für langfristig orientierte Investoren ist dies eine entscheidende Fragestellung. Welche Makro- und Mikrolagen werden sich behaupten? Welche Eigenschaften muss ein Objekt aufweisen, um auch in Zukunft vermietbar zu bleiben? Der Einzelhandel in der Stadt stirbt nicht. Aber er wird sich weiter verändern.

Das Event zum Thema