Der Autor
Dr. Gerhard MoltHead of Real Estate, Eversheds Sutherland (Germany) LLP
Denn auch die Immobilie unterliegt laufender Veränderung, einerseits in Form des an der Substanz nagenden Zahns der Zeit, anderseits durch laufend veränderte Anforderungen. Dem gilt es durch geschicktes (juristisches) Change Management Rechnung zu tragen.
Eine Immobilie bedarf der laufenden Pflege und Wartung, gelegentlich der Instandhaltung und Instandsetzung und manchmal auch der Modernisierung. Der Bedarf für derartige Maßnahmen kann zwingend erforderlich sein, etwa um aktuellen technischen oder rechtlichen Vorgaben wie der Energieeinsparung oder dem Brandschutz gerecht zu werden. Der Bedarf kann aber auch darüber hinausgehen und dem Ziel dienen, die Attraktivität des Gebäudes zu verbessern oder neue typischerweise höherwertigere Nutzungskonzepte zu ermöglichen. Ein früherer Industriestandort wird so zum hippen Coworking-Space oder eleganten Loft. Bürogebäude wandeln sich in Logistikzentren und werden so zur innerstädtischen Drehscheibe auf der letzten Meile zum Kunden. Das Einkaufszentrum findet neue Kunden auf einem wachsenden Anteil an Gastro- und Eventflächen. Die Liste an Beispielen des kleinen und großen Wandels ließe sich beliebig verlängern.
Im Bestand stellt dies eine besondere Herausforderung dar, da nicht nur die bestehende Bausubstanz, sondern auch die öffentlich-rechtlichen Rahmenbedingungen und die Interessen der aktuellen Nutzer während der Transformationsphase zu berücksichtigen sind. Dies erfordert ein aktives managen des Wandels birgt aber auch das Potential – gerade in Zeiten, in denen attraktive Ankaufsobjekte Mangelware sind – Schätze im eigenen Bestand zu heben und so das Immobilienportfolio zu veredeln.
Ausgangspunkt aus juristischer Sicht ist dabei eine sorgfältige Bestandsanalyse zu folgenden Fragen: Wie sind die öffentlich-rechtlichen Rahmenbedingungen? Was ergibt sich aus der Baugenehmigung und den zugrundeliegenden Bauleitplänen? Welches Veränderungspotenzial ist rechtlich machbar? Wie können die bestehenden Nutzer dabei mitgenommen werden, insbesondere wenn sie nicht selbst Treiber des Veränderungswunsches sind? Welche Möglichkeiten ergeben sich aus den bestehenden Miet- und Nutzungsverträgen und gegebenenfalls ergänzend geltender gesetzlicher Vorgaben? Üblicherweise sind danach notwendige Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten und ggf. auch Modernisierungsmaßnahmen durch die Bestandsmieter zu dulden. Es können sich aber Rechte auf Mietminderung und Schadensersatz ergeben, die sich bei vorausschauender Vorgehensweise minimieren lassen.
Was gilt aber bei Veränderungen, die nicht „notwendig“ und nicht durch die üblichen Duldungstatbestände gedeckt sind? Was ist insbesondere zu tun, um das Risiko, dass derartige Veränderungsprojekte durch Bestandsmieter verzögert, erschwert oder gar ganz vereitelt werden, zu minimieren? Beispielsweise kann der Ausbau eines Dachgeschosses Schwierigkeiten aufwerfen, wenn Versorgungsleitungen oder erforderliche statische Ertüchtigungen in andere Nutzungsbereiche von Bestandsmieter eingreifen. Trifft dies auf Widerstand seitens bestehender Nutzer, der nicht einvernehmlich ausgeräumt werden kann, kann der Eigentümer gegebenenfalls Duldungsansprüche auch im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzen. Umgekehrt kann drohender juristischer Gegenwehr gegen das Projekt durch Unterlassungsverfügungen bis hin zum Baustopp durch die Hinterlegung von Schutzschriften bei Gericht vorgebeugt werden.
Um dem proaktiv gerecht zu werden, gilt es zudem, die Immobilie auch juristisch fit für die Zukunft zu machen und schon bei der Gestaltung von Mietverträgen künftigem Veränderungsbedarf durch entsprechende vertragliche Vereinbarungen Rechnung zu tragen. Schon allein das Vorsehen rechtlicher Gestaltungsspielräume für künftige Veränderungen am Objekt können den abstrakten Wert der Immobilie steigern, weil sie dadurch eben zukunftsfähiger wird. Dies gilt für Vermieter und Mieter gleichermaßen, wenn auch häufig mit abweichender Zielrichtung.
Nichts ist so sicher wie der Wandel. Das gilt auch und in besonderem Maße für Immobilien. Dem gilt es durch aktives und vorausschauendes (juristisches) Change Management Rechnung zu tragen.