08.12.2017
Günter Ruhe

Fach-Dialog Brandschutz

Brandschutz – Mehr als nur lästige Pflicht?

Im Laufe dieses Jahres rückte der vorbeugende Brandschutz in Gebäuden immer stärker in den öffentlichen Fokus.

Beklagte noch zu Beginn des Jahres ein Vertreter des Bauministeriums auf einem Symposium in Berlin den vermeintlich hohen Anteil des Brandschutzes an den Baukosten, schlug die Stimmung im Sommer um. Nach dem Brand des Grenfell Towers in London und der nachfolgenden hektischen Überprüfung deutscher Wohnhochhäuser, debattierte die Öffentlichkeit darüber, wie sicher Wohnen in Deutschland ist. Gegen Ende dieses Jahres drehte sich, mit Berichten zu Zeitverzug und Kostenüberschreitungen bei Großbauprojekten, erneut die Lage.

Betrachtet man den vorbeugenden Brandschutz einmal mit etwas Distanz aus sachlicher Perspektive, offenbaren sich folgende Punkte:

  • Der Anteil der Baukosten, die durch Brandschutzmaßnahmen verursacht werden, ist gering. Er liegt je nach Gebäudetyp zwischen 2 und 4 %. Selbst die Baukostensenkungskommission der Bundesregierung sieht in ihrem Bericht vom November 2015 wenig Handlungsbedarf.
  • Der Markt der Brandschutzleistungen wächst zwar stetig (s. Grafik), die Ursachen sind dabei aber weniger gestiegene Anforderungen, als vielmehr das Wachstum der Baubranche generell.
  • Die gesetzlichen Forderungen an den Brandschutz haben sich in den vergangenen Jahrzehnten kaum verändert. Allerdings wird heute stärker auf deren Umsetzung geachtet. Galt früher eine mangelhafte Ausführung oder gar kriminelle Verschleierung als lässliche Sünde und fiel kaum auf, wird heutzutage sehr viel stärker auch auf die Realisierung der Maßgaben aus der Baugenehmigung geachtet. Daraus ergibt sich für viele Bauherren eine gefühlt steigende Verpflichtung zu Brandschutzmaßnahmen.
  • Eine Anpassung an einen wirtschaftlich vernünftigen Bedarf von Brandschutz, der einer geänderten gesellschaftlichen Risikobewertung folgt, ist in der Gesetzgebung längst verankert. Alle Bauordnungen in jedem Bundesland sehen Abweichungsmöglichkeiten vor, damit wirtschaftlich vernünftig gebaut werden kann. Es gibt auch höchstrichterliche Rechtsprechung, die zu viel Brandschutz unter Strafe stellt. Leider werden die Möglichkeiten zu Abweichung, Kompensation und Erleichterung nicht immer von Genehmigungsbehörden akzeptiert. Hier ist weitere Aufklärung aller Bauschaffenden nötig.

Dass kaum ein Investor Geld für einen Schutz ausgeben mag, den hoffentlich nie jemand in Anspruch nehmen muss, überrascht kaum. Der Naivität, weniger Sicherheit führe zu günstigeren Mieten, kann ich mich aber nicht anschließen. Die dramatische Steigerung der Mieten in den Ballungsräumen ist ganz sicher nicht auf Brandschutz zurück zu führen.

Wir brauchen Regeln für den Bau und Betrieb von Gebäuden, um das gewohnte Sicherheitsniveau zu erhalten. Diese Prämisse ist sicher unstrittig. Aber was ist das richtige Maß? Niemand in der Brandschutzbranche behauptet, dass immer mehr Sicherheit nötig ist. Darauf hat auch der Gesetzgeber längst reagiert und mit schutzzielorientierten Anforderungen flexible und wirtschaftliche Lösungen ermöglicht. Allein dieses Konstrukt ist immer noch nicht ausreichend bekannt. An vielen Stellen – bei Planern, Genehmigungsbehörden und Feuerwehren – wird sich immer noch zu sehr an die Buchstaben des Gesetzes gehalten. Oft ohne eine sachliche Begründung. Brandschutz ist zur Expertensache geworden. Das mag man bedauern, aber ohne eine Spezialisierung ist Wirtschaftlichkeit nicht zu erreichen.

Durch die steigende Komplexität von Bauwerken, z.B. durch einen sehr viel höheren Grad technischer Gebäudeausrüstung, nehmen die Anforderungen an Planer und Ausführende deutlich zu. Ist der Planungsprozess dann zu Baubeginn noch nicht abgeschlossen – ein Umstand an den sich die Baubranche augenscheinlich gewöhnt hat – sind Probleme bei so einem gewerkeübergreifenden Thema wie dem Brandschutz vorprogrammiert. Statt darüber zu debattieren, wie man Brandschutz reduziert, sollte der Planungsablauf verbessert werden.

 

Der Autor
Günter Ruhe
Geschäftsführung
FeuerTRUTZ Network GmbH