08.09.2017
Jürgen Katz

Entwicklung von militärischen Konversionsflächen

Konversionen schaffen Raum für Besonderes

Die Entwicklung von militärischen Konversionsflächen ist im eng besiedelten Deutschland eine seltene, in der Regel willkommene Segnung für die öffentliche Hand.

Durch die Rückgabe von zumeist großflächigen Kasernenstandorten der Bundesehr und Nato Streitkräfte an die Bundesrepublik gelangen Areale mit Sonderbauten und -nutzungen durch Erstzuriffsoption der Kommunen zur städtebaulichen Neubelebung.

Gerade wegen ihrer marktuntypischen Bebauung, Nutzung und ihrer Vorbelastungen können diese Areale dem gewöhnlichen Grundstücksmarkt nicht ohne Weiteres zugeführt werden. Baustruktur und Geschichte der Kasernen dominieren den Städtebau vorort und die Veränderungserwartung auf ihre eigene Weise.

Über Planungs- und Bürgerbeteiligungsverfahren wird die Suche nach standortgerechten Nutzungen initiiert und konkretisiert. Dabei sind einerseits kommunale (Nachhol) Bedarfe für Wohnen Gewerbe, Bildung- sowie Freizeit- und Naturschutzbelange zu berücksichtigen. Andererseits bieten in der Regel Lage und Eigenheit und vor allem Größe dieser Liegenschaften die Chance für Neues und für ungewöhnliche, auch marktuntypische Nutzungsfenster. 

Hier bietet sich für viele Kommunen die Chance, Landschafts und Grünraumstrukturen zu bewahren oder zu profilieren. Biosphärengebiete, Gartenschauen aller Art bis hin zu kommerziellen Nutzungen wie z. B. Center Parks für den Tourismus ermöglichen reichhaltige und neue Entwicklungsansätze zur landschaftlichen Entwickung auf Konversionsarealen. Gleisanlagen, Flugplätze, Heeresstraßen und Truppenübungsplätze bieten in ihrer grünräumlichen Einbettung ausreichend Gestaltungsansätze.

Denkmalgeschützte Gebäude und Ensembles stellen für die Immobilienwirtschaft neue Herausforderungen dar. Mannschaftsunterkünfte werden zu attraktivem Geschosswohnungsbau oder modernen Büro- und Gründerzentren, Flugzeughangars füllen sich mit Einkaufszentren, Sporthallen, Autohäusern oder automobilen Museumswelten. In ehemaligen Reithallen finden Tagungs- und Kongresszentren Platz, in gründerzeitlichen Klinkergebäuden sind Sterne Hotels, Hochschulen, Kulturwerkstätten oder Stadthallen eingezogen. Verwaltungen und Rathäuser bieten ihre Dienstleistungen in zentralen Offiziersgebäuden ihren Bürgern an, Galerien haben historische Pförtner- oder Heizhäuser als besondere Orte inszeniert. Raumangebot, zu Beginn manchmal auch im Überfluss, schafft Kreativität und ein interessantes  Spannungsfeld zwischen Historischen und Neuem.

Allerdings fallen all diese besonderen Stadtentwicklungsprojekte auch in Deutschland nicht vom Himmel; sie bedürfen einer sorgfältigen und langfristigen Planungs- und Dialogkultur der Kommunen mit ihren Akteuren und sie benötigen den Sachverstand und die langjährige Erfahrung von kommunalen Partnern im Umgang mit militärischen Liegenschaften. Wichtige Parameter für  die Chancen auf Vielfalt und Neues im Städtebau der Konversionen ist aber auch die Bereitschaft des Bundes, faire und transparente Veräußerungsbedingungen zu schaffen. Ebenso ist die Ausgestaltung des neuen Vergaberechtes zugunsten eines pluralen Städtebaus und die Bereitschaft der Fördergeber des Bundes- und der Länder, mit der Städtebauförderung investive Zuschüsse zur Deckung verschiedenster Entwicklungsrisken bei der Konversion für militärisch vorgenutzten Areale zu unterstützen, entscheidend.

Der Autor
Jürgen Katz
Geschäftsführer
LBBW Immobilien Kommunalentwicklung