Die Autorin
Katrin FörsterABB / Busch-Jaeger Elektro GmbH
Sonnenlicht braucht dieses Gebäude. Denn damit gewinnt das erste energieautarke Mehrfamilienhaus der Welt die Energie, die seine Bewohner verbrauchen. Dieses Pionierprojekt zeigt, was mit heutiger Technologie möglich ist. Erfolgreich kombinierten die Planer hier bekannte und bereits erprobte nachhaltige Techniken, sodass ein energieautarkes Wohnen auf über 1.000 Quadratmeter Wohnfläche möglich wurde.
Zum Mehrfamilienhaus in Brütten – zwischen Zürich und Winterthur gelegen – gehören neun Wohnungen, die zwischen 80 und 145 Quadratmetern groß sind. Sämtliche Energie, die die Bewohner zum Heizen, Kochen, Waschen, also schlichtweg zum Leben benötigen, wird aus Sonnenlicht gewonnen. Obwohl das Gebäude auf allen Ebenen Energie spart, müssen die Bewohner keine Komforteinbußen hinnehmen. Möglich machen das bewährte Technologien und Systeme der Energiegewinnung und -speicherung sowie Innovationen, die den Energieverbrauch reduzieren. Das Dach und die gesamte Fassade wurden mit Solarmodulen eingekleidet und Busch-Jaeger-Produkte speisen den Strom in das Haus ein.
Im Sommer ist der Energiebedarf der neun Familien für 24 Stunden dank der leistungsstarken Solaranlagen schon nach einer Stunde Sonnenschein gedeckt. Im Keller wandeln hierfür 26 Solarwechselrichter die Gleichspannung aus den Solarmodulen von Dach und Fassade in Wechselspannung um und speisen Strom in das hausinterne Netz ein. Die Solartechnologie ist heute ausgereift genug, um ein freistehendes Gebäude mit ausreichend Energie versorgen zu können. Die Herausforderung mit dem heutigen Stand der Technologie ist, eine leistungsstarke, aber trotzdem preiswerte Art der Energiespeicherung zu finden. Im Gebäude wurden deshalb verschiedene Energiespeicher auf intelligente Weise miteinander kombiniert. Für den Züricher Architekten René Schmidt war es eine große Herausforderung Architektur und Umwelttechnik funktional wohlüberlegt und gestalterisch ansprechend zu vereinen. Dafür haben er und sein Team in allen Bereichen mit Spezialisten und Forschern zusammengearbeitet.
Nicht sofort von den Bewohnern verbrauchte Energie wird für die Nacht, für trübe Tage und für den Winter gespeichert. Dies geschieht über einen Kurzzeit- und einen Langzeitspeicher. Ersterer ist eine Lithium-Eisenphosphat-Batterie in Kleiderschrankgröße im Keller, die den Energiebedarf von drei bis vier Tagen deckt. Letzterer sind zwei große Wassertanks unter der Erdoberfläche. 250.000 Liter Wasser können bis Ende Herbst auf bis zu 65 Grad Celsius aufgeheizt werden. Diese thermische Energie wird im Winter zum Heizen eingesetzt.
Wohnen in einem Gebäude ohne Anbindung ans Stromnetz setzt voraus, dass Haushaltsgeräte mit hoher Energieeffizienz arbeiten. Nebst sparsamen Waschmaschinen und Kühlschränken hilft das Smart-Home-System Busch-free@home®, den Energieverbrauch der Bewohner möglichst klein zu halten. Zur Erweiterung des Komforts lassen sich verschiedene Szenen programmieren, zum Beispiel lässt sich eine gedimmte Dinnerbeleuchtung von einer hellen Lesebeleuchtung unterscheiden. Das System merkt sich auch Kombinationen und stellt diese dann automatisch zur Auswahl. Sehen die Bewohner beispielsweise gerne mit gedimmtem Licht und heruntergelassenen Jalousien fern, merkt sich das Haussteuerungssystem diese Kombination und stellt sie dann zur Verfügung.
Dank Fühlern im Außen- und Innenbereich reagiert Busch-free@home® automatisch auf externe Einflüsse. Ist es in der Wohnung im Sommer zu warm und scheint die Sonne an die Fensterscheibe, werden automatisch die Jalousien zur Beschattung heruntergefahren. Bläst ein starker Wind, der diese beschädigen könnte, werden sie wieder hinaufgezogen. Somit garantiert die Haussteuerung nicht nur Sicherheit und Energieeffizienz, sondern maximiert auch den Wohnkomfort.
Die Umwelt Arena Spreitenbach tritt als Bauherr auf und ist darauf spezialisiert, möglichst breite Bevölkerungsschichten über nachhaltiges Bauen und erneuerbare Energien zu informieren. Das Pionierprojekt von Brütten setzt neue Maßstäbe für den Wohnungsbau der Zukunft. Kein Anschluss an herkömmliche externe Energiezulieferer, weder thermisch noch elektrisch – für die Heizung, Lüftung und den Haushaltsstrom ist das Haus selbst die Energiequelle. Revolutionär ist ebenso das „Power-to-Gas“-Prinzip, bei dem überschüssiger Solarstrom in Wasserstoff gespeichert und über eine Brennstoffzelle wiederum in Strom umgewandelt wird. Zusätzlich wird mit dem Solarstrom ein Car-Sharing-System betrieben. Alle Technologien, die verbaut wurden, sind zukunftsorientiert, serienmäßig und auf dem Markt erprobt. Es ist ein Leuchtturmprojekt der Umwelt Arena Spreitenbach, das aufzeigt, dass die Umsetzung der Energiestrategie 2050 bereits heute möglich ist, wenn vorhandene Technologien und das Know-how konsequent genutzt und kombiniert werden. Es beweist, dass viel erreicht werden kann, wenn mit Wille und Geschick eine Vision verfolgt wird.