04.08.2017
Ulrich Jacke

Risiko-Rendite-Ranking 2016

Fulda statt Frankfurt

Wer in Hessen „Stadt, Land, Fluss“ spielt und eine Stadt mit F benennen muss, dem fällt mit großer Sicherheit zuerst einmal Frankfurt ein. Wohnimmobilieninvestoren allerdings sollten besser eine andere Stadt auf den Zettel schreiben: Fulda.

Zu diesem Ergebnis kommt das Risiko-Rendite-Ranking 2016 für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland der Dr. Lübke & Kelber GmbH, basierend auf den jeweiligen Kaufpreisen per Ende 2015.

Fulda statt Frankfurt, das wird vielen erst einmal schwerfallen. Denn der Investorenfokus richtet sich in Hessen naturgemäß zuerst auf die Mainmetropole sowie auf die Landeshaupt- und größte B-Stadt Wiesbaden. Niedrige Leerstandsraten und eine starke Nachfrage sorgen dort für eine hohe Investmentsicherheit – aber nicht für gute Renditen. Die erhöhte Nachfrage auch internationaler Investoren bei gleichzeitig knappem Angebot hat die Kaufpreise dort so hoch getrieben, dass die Anfangsrenditen gering ausfallen. Gesetzliche Regulierungen wie die Mietpreisbremse tun ihr Übriges.

So betrug 2016 in Frankfurt die durchschnittliche Nettoanfangsrendite für Mehrfamilienhäuser im Bestand 4,4 Prozent. In Fulda dagegen lag sie aufgrund vergleichsweise geringerer Kaufpreise bei 6,4 Prozent. Das Verhältnis zwischen Rendite und Risiko ist deshalb in den prominenteren Städten wie Frankfurt oder Wiesbaden deutlich unattraktiver als in manchen Städten in der zweiten Reihe.

Ausgehend von 40 Prozent Eigenkapitalquote und einem Zinssatz von 1,15 Prozent auf zehn Jahre liegt die Eigenkapitalrendite in guten Lagen in Frankfurt und Wiesbaden sowie in Offenbach inzwischen sogar unterhalb der von Dr. Lübke & Kelber empfohlenen Mindestrendite. Diese basiert auf dem Durchschnitt des risikolosen Zinssatzes der vergangenen zehn Jahre (Stand 2/2016: 2,47 Prozent) und einem Zuschlag für das jeweilige Standortrisiko. In allen anderen der insgesamt 16 untersuchten Städte in Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland liegt die Spanne der Eigenkapitalrenditen dagegen gänzlich über der empfohlenen Mindestrendite.

Besonders ausgeprägt ist die positive Differenz zwischen Eigenkapitalrendite und empfohlener Mindestrendite für Bestandsmehrfamilienhäuser in Fulda, sie beträgt dem Risiko-Rendite-Ranking 2016 zufolge mehr als drei Prozentpunkte. Das ist das beste Ergebnis in Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Aber warum ausgerechnet Fulda?

Fulda verfügt über einen der stärksten Arbeitsmärkte mit hoher Beschäftigtendichte und sehr niedriger Arbeitslosenquote (Juni 2017: 2,7 Prozent). Die Pendlerbewegungen in Fulda sind groß, der Pendlersaldo lag 2014 bei 37,3 Prozent und damit an der Spitze der 16 untersuchten Städte. Ein hoher Pendleranteil ist Indikator für einen attraktiven Arbeitsmarkt und birgt Potenzial für eine hohe Wohnungsnachfrage. Die Wirtschaftsdynamik ist stark, der Landkreis Fulda verzeichnete zwischen 2004 und 2013 einen der stärksten Zuwächse des Bruttoinlandproduktes. Die Prognose zur Entwicklung der Haushalte fällt zwar geringer aus als im Durchschnitt, aber immer noch positiv. Die Leerstandsquote betrug dem Zensus 2011 zufolge zwar noch 3,8 Prozent, ist aber mit hoher Wahrscheinlichkeit rückläufig. In Fulda ist die Mietpreisbremse nicht aktiv. Die auf dieser Basis ermittelte Mindestrendite bei den angewandten 10-jährigen Investitionsprognosen für Bestandsmehrfamilienhäuser wurde deutlich überschritten.

Fulda gehörte 2016 aus Sicht der Dr. Lübke & Kelber zu den „hidden champions“ in Hessen. Weitere unterschätzte, aber attraktive Investmentstandorte sind dank positiver Risiko-Rendite-Verhältnisse die Städte Kassel und Marburg. Die Analyse zeigte deutlich: Es ist durchaus lohnenswert, sich auch einmal abseits ausgetrampelter Pfade umzusehen. In diesem Sinne freue ich mich auf anregende Diskussionen beim Regionen-Dialog Osthessen, zu dem auch das aktualisierte Ranking vorliegen wird.

Hier geht es zum Ranking 2016.

Der Autor
Ulrich Jacke
Geschäftsführender Gesellschafter
Dr. Lübke & Kelber GmbH