28.07.2017
Karim Khakzar

Von Wohnungssuche, Konsumsteigerung und Investitionen

Hochschulen und ihre Bedeutung als regionaler Standortfaktor am Beispiel der Hochschule Fulda

Lehre und Forschung sind die traditionellen Kernaufgaben von Hochschulen in Deutschland. Darüber hinaus übernehmen Hochschulen jedoch eine Vielzahl von weiteren Aufgaben und Funktionen.

Es sind insbesondere die Regionen, die dadurch von den Hochschulen in ihrer Umgebung profitieren. Die regionale Bedeutung von Hochschulen spiegelt sich auf mehreren Ebenen wider (1)– dies zeigt sich auch am Beispiel der Hochschule Fulda.

Hochschulen als regionaler Wirtschaftsfaktor

Hochschulen sind selbst Akteure der regionalen Wirtschaft. So zählen sie häufig zu den größten Arbeitgebern einer Region. Durch die stark gestiegene Studierneigung in den vergangenen Jahren ist an vielen Hochschulen auch die Zahl der Beschäftigten deutlich gewachsen. Die Hochschule Fulda beschäftigt als Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) mittlerer Größe aktuell knapp 650 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Zum Vergleich: Im Jahr 2008 lag diese Zahl noch bei 385. Diese Beschäftigten, aber auch die Studierenden tragen wesentlich zur regionalen Konsumnachfrage bei. Hiervon profitiert beispielsweise der Einzelhandel vor Ort. Zusätzlich investieren Hochschulen in ihre Infrastruktur und stärken über ihre Sach-, Investitions- und Bauausgaben auch die lokale Wirtschaft. Bis zum Jahr 2020 wird die Hochschule Fulda seit 2008 über 100 Mio. Euro in bauliche Entwicklung investiert haben.

Hochschulen und die Ausbildung von Fachkräften

Hochschulen bilden akademische Nachwuchskräfte aus, die auf dem Arbeitsmarkt eine immer bedeutendere Rolle spielen. Die Zahl der Erwerbstätigen mit akademischen Abschlüssen nahm zwischen 2005 und 2014 um rund ein Drittel zu(2). Bis zum Jahr 2030 wird ein weiterer Anstieg prognostiziert(3).

In Fulda absolvieren inzwischen deutlich mehr als 8.000 junge Menschen ihr Studium an der Hochschule, was einem Zuwachs von 70% gegenüber 2008 entspricht. Die Hochschulabsolventinnen und -absolventen profitieren dabei langfristig: Sie erzielen höhere Einkommen und sind seltener von Arbeitslosigkeit betroffen(1). Ein erhöhtes regionales Ausbildungsniveau nützt aber nicht nur dem Einzelnen, sondern ist für Regionen wie Osthessen, die von kleinen und mittleren Unternehmen geprägt sind, von übergeordneter Bedeutung. Hier stellt der Fachkräftemangel eine der drängendsten Herausforderungen der Zukunft dar. Erwähnenswert sind auch die wissenschaftlichen Weiterbildungsangebote von Hochschulen für regionale Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Nicht zuletzt: In Zeiten des demografischen Wandels ziehen Hochschulen junge Menschen an bzw. binden sie an die Region.

Transfer von Wissen, Ideen und Technologien der Hochschulen in die Region.

Hochschulen sind zentraler Bestandteil des regionalen Innovationssystems. Sie bringen Forschungserkenntnisse in Form von Wissen, Ideen oder Technologien zur Anwendung, indem sie mit regionalen Unternehmen, öffentlichen Einrichtungen oder Akteuren der Zivilgesellschaft kooperieren und Gründungen fördern. Damit tragen sie zum technologischen Fortschritt, zu neuen Produkten und Prozessen sowie sozialen Innovationen bei. Besonders stark auf dem Gebiet der anwendungsorientierten Forschung und des Transfers sind die Fachhochschulen (FHs) bzw. HAWs. Sie fungieren nicht selten als Innovationspole ihrer Regionen. Auch die Hochschule Fulda arbeitet seit Langem erfolgreich mit einer Vielzahl an regionalen Akteuren zusammen, insbesondere innerhalb ihrer Schwerpunktthemen Gesundheit, Ernährung, Lebensmittel, soziale Nachhaltigkeit und Interkulturalität sowie Informatik und Systemtechnik.

Engagement für die Gesellschaft

Hochschulen engagieren sich zunehmend auch gesellschaftlich und prägen durch diese Aktivitäten die Regionen mit. Sie organisieren eigene kulturelle Veranstaltungen sowie Angebote für Nicht-Studierende wie Kinder und Schüler, sie ermöglichen lebenslanges Lernen für Erwachsene, betreiben Einrichtungen wie öffentliche Bibliotheken und fördern den politischen Diskurs(4). So bietet die Hochschule Fulda ein studienvorbereitendes Programm für Flüchtlinge an. Vom Start im April bis Ende 2016 nahmen daran 79 Flüchtlinge teil, von denen viele im Anschluss ein Studium in Fulda aufnahmen. Der MINTmachClub der Hochschule Fulda organisiert neben zahlreichen weiteren Veranstaltungen die MINT-Labortage, an denen der über 600 Schülerinnen und Schüler aus der Region an MINT-Workshops teilnehmen. Die Hochschul- und Landesbibliothek übernimmt als zentrale Einrichtung der Hochschule hochschul-, landes- und stadtbibliothekarische Aufgaben. Ihr Bestand umfasst rund 735.000 Bücher, Zeitungen und Zeitschriften sowie etwa 970.000 lizenzierte E-Books.

Fazit

Wissenstransfer durch lokale Kooperationen und Gründungen, Aus- und Weiterbildung, Investitionsprojekte, regionale wirtschaftliche Impulse, positive Beschäftigungseffekte auf dem lokalen Arbeitsmarkt – der Wert der Hochschulen als regionaler Wirtschaftsfaktor beträgt nach einer Studie des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft über 190 Mrd. Euro jährlich. Dies entspricht 7,3% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in Deutschland. Im Durchschnitt wiesen Hochschulregionen in den Jahren 2001 bis 2009 ein um ein Fünftel höheres BIP pro Kopf sowie eine rund ein Drittel niedrigere Arbeitslosenquote auf. Dieser Effekt ist in Metropolen am stärksten ausgeprägt, in strukturschwachen Regionen ist der relative Effekt durch die geringen Einwohnerzahlen jedoch größer als in vielen Städten(1).

In Zukunft gilt es, die Bedeutung der Hochschulen als Wirtschaftsfaktor und zur Erhöhung der Standortattraktivität konsequent zu fördern und entsprechende Strukturen auszubauen. Hier setzt das Bund-Länder-Programm „Innovative Hochschule“ an, das für einzelne Hochschulen über fünf Jahre bis zu 2 Mio. Euro jährlich (d.h. bis zu 10 Mio. Euro insgesamt) zur Förderung des Wissens-, Ideen- und Technologietransfers bereitstellt. Die Hochschule Fulda wurde mit ihrem Vorhaben „Gesundheit und Lebensqualität fördern – Innovative Modellregion Fulda“ zur Förderung ausgewählt und hat damit sehr gute Möglichkeiten, in den kommenden Jahren den Transfer ihrer Forschungsresultate im Bereich Gesundheit und Lebensqualität in die Region voranzutreiben und ihre Rolle im regionalen Innovationssystem zu stärken.

 

(1) Schubert T et al.: Wirtschaftsfaktor Hochschule: Endbericht zur Metastudie. Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft. Fraunhofer ISI: Karlsruhe, 2012. Online unter: https://www.stifterverband.org/medien/wirtschaftsfaktor_hochschule_endbericht (Zugang: 18. Juli 2017)

(2) Bundesagentur für Arbeit. Gute Bildung – gute Chancen. Der Arbeitsmarkt für Akademikerinnen und Akademiker in Deutschland. Nürnberg, 2016

(3) Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Arbeitsmarktprognose 2030. Eine strategische Vorausschau auf Entwicklung von Angebot und Nachfrage in Deutschland. Bonn, 2013.

(4) Institut für Hochschulforschung (HoF) an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Systematische Abbildung der Third Mission. Online unter: http://www.hof.uni-halle.de/projekte/bemission/ (Zugang: 18. Juli 2017)

Der Autor
Karim Khakzar
Präsident
Hochschule Fulda