23.07.2017
Gerhard Janßen

„Es gibt Länder, wo was los ist …“

Immobilienmarkt im BER-Umfeld zieht an

Der geplante Großflughafen BER lässt noch auf sich warten, doch in seinem Umfeld blühen schon jetzt Unternehmen, Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen. Ein regelrechter Immobilienboom könnte hier seinen Anfang nehmen.

Schon derzeit entstehen etliche Logistik- und Büroflächen und Tausende von Wohnungen. Der Landkreis Dahme-Spreewald begleitet das Wachstum mit einer strategischen und zukunftsorientierten Wirtschaftsförderung.

„In Brandenburg, in Brandenburg ist wieder einer vor den Baum gegurkt…“ Rainald Grebes durchaus liebevolles Spottlied auf das Land Brandenburg hat seine Anhänger – auch im Landkreis Dahme-Spreewald südöstlich von Berlin. „Ein Kult auf Partys“, gestehen junge Brandenburger, ohne mit der Wimper zu zucken, und natürlich kenne auch ich den Text: „Es gibt Länder, wo was los ist, und es gibt Brandenburg…“

Dynamik trotz BER-Bauverzögerung

„Nix los hier“ stimmt allerdings schon lange nicht mehr, seit Grebe seinen Song vor knapp 12 Jahren veröffentlicht hat. Und es stimmt erst recht nicht für den Landkreis Dahme-Spreewald. Wer glaubt, hier nur Langeweile und Gurken zu finden, den mögen harte Zahlen überzeugen: Seit 2006 ist die Beschäftigungszahl im Landkreis um 26,5 Prozent angestiegen. Das Bruttoinlandsprodukt hat sich in 10 Jahren knapp verdoppelt. Die aktuelle Arbeitslosenquote liegt bei dem für die Neuen Länder sensationellen Wert von 4,4 Prozent. Und im renommierten Prognos-Zukunftsatlas, der jährlich mit breitem Indikatorenset die wirtschaftliche Entwicklung der 402 Landkreise und kreisfreien Städte Deutschlands bewertet, ist Dahme-Spreewald seit 2004 um ganze 100 Plätze nach oben geklettert. Andere Rankings sehen den LDS noch weiter vorn. Inzwischen steht der Landkreis mit Potsdam-Mittelmark an der Spitze aller ostdeutschen Landkreise und kreisfreien Städte.  Dahme-Spreewald hat dies trotz der Tatsache erreicht, dass der benachbarte BER noch nicht in Betrieb ist.

Hochtechnologie und Immobilienboom

Alles prima, aber was machen die Jugendlichen, wenn ihre Party vorbei und das Hohelied auf „Nix los hier“ gesungen ist? Sie gehen in die internationale Hochtechnologie gleich um die Ecke: Im Technologie- und Wissenschaftspark Wildau ist nicht nur die Technische Hochschule Wildau zuhause. Nebenan arbeiten die Experten des Instituts für angewandte Polymerforschung der Fraunhofer-Gesellschaft. Und ein „Dorf“ weiter, in Zeuthen, forschen mehr als 200 Wissenschaftler aus 30 Ländern in dem zur Helmholtz-Gemeinschaft gehörenden Deutschen Elektronen-Synchrotron DESY.

Neben Studium und Wissenschaft locken natürlich auch die Unternehmen der Region. Die Wirtschaftsförderungsgesellschaft Dahme-Spreewald hat für die boomende High-Tech Branche seit der Jahrtausendwende bereits fünf Technologiezentren gebaut und so mehr als 70 Technologieunternehmen im Landkreis angesiedelt. Ein sechstes Zentrum ist 2020 bezugsfertig und schon jetzt in großen Teilen durch junge Tech-Firmen belegt.  Insgesamt fließen hierzu in Wildau und Zeuthen bis 2020 rund 100 Mio. Euro an Investment, um den nächsten Wachstumsschub einzuleiten.

Auch im unmittelbaren Flughafenumfeld ist absehbar, dass langjährig etablierte Unternehmen bis 2020 knapp 200 Mio. in Ausbau und neue Projekte investieren: Im Juni 2017 ist bei Rolls-Royce die neu errichtete Montagelinie für die großen XWB Triebwerke für den Airbus A350 in Dahlewitz knapp hinter der Kreisgrenze in Betrieb genommen worden.  In Schönefeld hat der Verdion Airpark Berlin in den Bau von 80.000 Quadratmetern an Logistikflächen investiert. Die „hurricane factory“ hat gerade Deutschlands größten Windkanal in Betrieb genommen, und mit dem im Bau befindlichen City-Center Schönefeld entstehen gerade 3.800 m² Handels- und Hotelflächen. In Sicht ist auch die von Alpine Finanz Bau geplante Erweiterung Ihres Bürokomplexes Airport Center Schönefeld an der B96a um weitere 12.000 m² Nutzfläche. Der prämierte Entwurf des Architektenwettbewerbs verspricht eine attraktive Immobilie mit einer Bezugsfertigkeit in 2020.

Die Standortqualitäten am BER zwischen Wildau und dem Autobahndreieck Nuthetal bringen Arbeit, Ausbildungsmöglichkeiten und sprudelnde Steuereinnahmen für die Region. Sie lassen zudem den Immobilienbedarf hochschnellen:  Die gerade von Bulwiengesa publizierte Studie zum Büroimmobilienmarkt am BER sieht gute Chancen für den Aufstieg des direkten Flughafenumfelds zu einem wichtigen Player im Immobilienmarkt des Großraums Berlin. Bei niedriger Leerstandsquote und steigenden Preisen in der City besteht allein für die Bundeshauptstadt bis 2020 ein zusätzlicher Flächenbedarf von 1 Mio. Quadratmetern. Knapper und teurer Baugrund in der Stadt beflügeln die Visionen von einem peripheren Bürostandort unmittelbar am Flughafen mit einem Flächenpotenzial von 1,6 Mio. Quadratmetern BGF. Bereits jetzt mit exzellenter Straßen- und Schienenanbindung ausgestattet, wird zusätzlicher Schub mit der Verkündung eines verbindlichen Eröffnungstermins erwartet.

Eine vernetzte Entwicklungsstrategie

Der Landkreis Dahme-Spreewald jedenfalls wartet nicht, sondern bereitet sich vor – mit einer Entwicklungsstrategie, die die Unternehmens-, Bildungs- und Forschungslandschaft in der Region vernetzt, die Digitalisierung vorantreibt, den Fachkräftenachwuchs sichert und die enge Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft sucht.

Keine Sauregurkenzeit also im Land der Gurken. Rainald Grebe soll übrigens inzwischen nach Brandenburg gezogen sein. In einen besonders stillen Landkreis nördlich von Berlin. In Dahme-Spreewald war ihm wohl zu viel los.

 

Der Autor
Gerhard Janßen
Geschäftsführer
Wirtschaftsförderungsgesellschaft Dahme-Spreewald mbH