Andererseits kann ein zu schneller Zuschlag aber auch Potenziale verbauen. Letztendlich geht es darum, den bestmöglichen Partner für die nächsten 20 Jahre (oder mehr) zu identifizieren. Das kann zufällig der erste Anrufer sein. Häufiger wird der bestmögliche Partner aber das Resultat eines umfassenden Prozesses sein.
Partnerwahl als Prozess
Die Faktoren, die die Partnerwahl bestimmen, sind vielschichtig und gehen weit über die bloße Miet- oder Pachthöhe als elementares Entscheidungskriterium hinaus. Genau genommen müssen wirtschaftliche, bauliche, vertragliche sowie operative und vermarktungsbezogene Aspekte berücksichtigt werden. Ändert sich der Vertragspartner in Zeiten von globalen Mergers & Akquisitions über kurz oder lang? Zudem muss der Kriterienkatalog für jeden Fall individuell angepasst und gegebenenfalls noch zusätzlich erweitert werden. Dabei spielt die Zielsetzung eine wesentliche Rolle: Für manche Eigentümer ist beispielsweise eine kombinierte Fest- und Umsatzpacht der Dreh- und Angelpunkt, während andere nach einer besonderen Hotelatmosphäre streben oder die Markenstärke als wichtigstes Kriterium sehen. Alles völlig legitime Ansätze, nur sollten von Anfang an Prozess, Head of Terms und Bewertungsmatrix auch präzise danach ausgerichtet werden. Wichtig ist zudem die Frage, ob es auch menschlich zwischen den Vertragsparteien stimmt. Die Zahl der Akteure ist zwar groß, aber gerade die Brancheninsider kennen sich – und man kann in vielen Fällen einschätzen, ob die Chemie passen würde.
Breit versus fokussiert
Ebenfalls als strategische Überlegung am Anfang steht: An wie viele Hotelgesellschaften tritt ein Eigentümer heran? Long-List oder gleich Short-List? Die Antwort hängt auch hier vom Einzelfall ab. Wenn Größenordnung und Positionierung der Immobilie nicht viel Spielraum lassen, der Markt überschaubar und die ganz große Markenüberraschung eher auszuschließen ist, ist eine fokussierte Betreiberansprache oft der bessere Weg. Wenn Standort und Projekt beziehungsweise Objekt jedoch ein kreatives Konzept bedingen, eine möglicherweise noch weniger präsente oder gar neue Marke einen Mehrwert bietet und dies die wirtschaftlichen Parameter positiv beeinflusst, sollte die Liste eher länger sein und über die Standardadressen hinausgehen.
Bieterwettbewerb als Option
Im Zweifel sollten eher mehr Kandidaten kontaktiert werden als zu wenige. Im Rahmen eines strukturierten und durch externe Berater begleiteten Prozesses bedeutet eine große Zahl an Kandidaten einen überschaubaren Mehraufwand für den Eigentümer – aber ein Mehr an Chancen. Denn eine Vielzahl an Parteien bringt auch eine Vielzahl an unterschiedlichen konzeptionellen Ansätzen und wirtschaftlichen Ideen. Entsprechend sind Bieterwettbewerbe eine Option, allerdings sind sie bei manchen Hotelgesellschaften nicht besonders beliebt. Einerseits besteht die Sorge, nicht als Sieger hervorzugehen und demnach die eigenen Ressourcen nicht zielführend eingesetzt zu haben, andererseits bedeutet ein Wettbewerb, dass die Betreiber verstärktes Engagement aufbieten müssen, um sich durchzusetzen – wovon der Investor oder Projektentwickler wiederum profitiert.
Präferenz nach vier bis fünf Monaten
Zumeist ist nach vier bis fünf Monaten der Punkt erreicht, an dem sich eine Hotelgesellschaft als präferierter Mieter, Pächter oder Manager herauskristallisiert und exklusive Verhandlungen beginnen. Der Status der Exklusivität ist vor allem auch für Betreiber ein wichtiger Aspekt, da nun intensiv Know-how zur Hotelplanung oder -gestaltung bereitgestellt werden soll. Es folgen die Vertragsverhandlungen und die Detailplanungen. Die Betreiberselektion erfordert selten weniger als sechs bis acht Monate Zeit von der Vorbereitung bis zum Vertragsabschluss – je nach Fall dauert es auch länger. Und zwar unabhängig davon, ob es sich um ein noch zu realisierendes oder ein bereits bestehendes Hotelgebäude handelt. Bei Projekten ist die Planung und Abstimmung auf den Betreiber ein wesentlicher Zeitfaktor nach der Auswahl. Bei bestehenden Hotels, bei denen Vertrag ausläuft, wird meistens zuerst das Gespräch mit dem aktuellen Mieter oder Pächter gesucht. Wenn sich diese als nicht erfolgsversprechend herauskristallisieren, gilt es den Markt breiter aufzurollen. In jedem Fall bringt der Neuabschluss Renovierungsmaßnahmen mit sich und bei einem Markenwechsel gilt es zudem ein Rebranding und die reibungslose Übergabe aufzugleisen.
Sicherlich – der zeitliche Gesamtaufwand für eine strukturierte Betreiberselektion ist beachtlich. Umso mehr empfiehlt es sich, hier frühzeitig die Initiative zu ergreifen und das Ruder in der Hand zu behalten. In den meisten Fällen steht fest: Richtig vorbereitet und durchgeführt, wiegen die langfristigen Effekte der Betreiberselektion die Vorteile eines schnellen Zuschlags mehr als auf.