Der Autor
Landrat Stefan LöwlLandkreis Dachau
Für eine gesunde Zukunft der Kommunen im Münchner Umland müssen in naher Zukunft – neben der Frage der Flächenverfügbarkeit sowie der besonderen Herausforderung der Beibehaltung des ländlichen, gewachsenen Charakters der Gemeinden mit seinen Freiraumstrukturen, was ja gerade die besondere Attraktivität des Großraum Münchens ausmacht – insbesondere die stark steigenden Mobilitätsanforderungen gelöst werden. Der Landkreis Dachau strebt daher auf allen möglichen Ebenen und mit den verschiedenen Partnern Lösungsoptionen an, welche zur Verminderung der Verkehrsbelastung beitragen können.
In den vergangenen Jahren gab es neben dem durch den Bevölkerungszuwachs ausgelöstem quantitativen Mobilitätswachstum auch ein qualitatives Wachstum, also ein stark gestiegenen Mobilitätsbedarf auch bei der bisherigen Bevölkerung; z.B. aufgrund neuer Lebensmodelle, den größeren Entfernungen zum Arbeitsplatz, geänderten und individuelleren Arbeitszeiten sowie geändertem Freizeitverhalten. Trotz großer Anstrengungen zur Stärkung des ÖPNV führte dies in den vergangenen Jahren auch zu einem überproportionalen Anstieg der Motorisierungsrate und zu einer deutlichen Überbelastung der Straßeninfrastruktur, insb. im südlichen Teil des Landkreises Dachau. Rund die Hälfte aller Wege bewältigen die Landkreisbürgerinnen und Landkreisbürger mit ihrem PKW. Vor dem Hintergrund, dass 45 % aller Wege kürzer als 2 km sind, ist dies ein (zu) hoher Wert.
Der Landkreis Dachau versucht daher im Zuge eines intermodalen Gesamtverkehrskonzepts, alle Verkehrsträger zu stärken und dabei möglichst viele Personen zu einem Umstieg auf den ÖPNV oder die Erledigung von kurzen Wegen zu Fuß oder mit dem Fahrrad zu bewegen. Kerninhalte stellen dabei die Schaffung neuer, attraktiverer Busangebote im Nahverkehrsplan sowie eine Verbesserung der Radinfrastruktur mit einem Radverkehrskonzept dar, ergänzt durch Maßnahmen zur Intermodalität und der Verlagerung des Autoverkehrs aus den besonders hoch belasteten Bereichen.
Darüber hinaus arbeiten die Kommunen im Münchener Norden sowie dem angrenzenden Umland an einem interkommunalen Verkehrsprojekt. Hier sollen – auch unter Einbindung der maßgebenden Wirtschaftsakteure im entsprechenden Raum – über Gemeinde- und Landkreisgrenzen hinweg denkbare Lösungsoptionen erarbeitet und konkrete Maßnahmen abgleitet sowie lokale Entwicklungen koordiniert werden. Wir müssen den Fokus auf eine weitere Stärkung des ÖPNV legen, können aber auch den Straßenverkehr nicht vernachlässigen, da gerade im Umland die wichtigen Busverkehre ansonsten im gleichen Stau stehen wie die Autos und die innerstädtischen Bereiche für den Fuß- und Radverkehr zu unattraktiv bleiben.
Gleichzeitig muss dabei auch ein Fokus auf der Schaffung geeigneter finanzieller Rahmenbedingungen zur gemeinsamen Lastenteilung liegen. In unserem System finanzieren sich die Kommunen primär aus Einkommensteueranteilen sowie der Gewerbesteuer. Da die Einkommensteueranteile für die vielfältigen Aufgaben vor Ort nicht ausreichen, muss entweder auch steuerstarkes Gewerbe im Umland angesiedelt werden oder über finanzielle Ausgleichsmechanismen verhandelt werden. Hierzu gibt es zwar bereits einige beispielgebende Pilotprojekte und Ideen, wichtig wäre aber eine allgemeine und verbindliche interkommunale Vereinbarung, um die interkommunalen Herausforderungen auch interkommunal zu tragen. Beispielsweise könnte die Idee der interkommunalen Gewerbegebiete so modifiziert werden, dass Gewerbe in einer Gemeinde mit besonders günstiger Verkehrsanbindung angesiedelt, Wohnraum dafür in einer anderen, naturnäheren Gemeinde geschaffen wird. Die beteiligten Kommunen müssten sich natürlich über eine gemeinsame Verteilung der Steuereinnahmen einigen, was durch eine Rückkehr bzw. der Berücksichtigung des früher im LEP verankerten Harmonisierungsgebots ergeben könnte. Bei den wichtigen Mobilitätsherausforderungen sollte es darüber hinaus einen gemeinsamen Fonds – auch unter Einbindung des Verkehrsverbunds und der großen Wirtschaftsunternehmen in der Region – geben, um beispielsweise wichtige Buslinien oder P&R-Plätze im Umland zu finanzieren.
Bei der Wohnungsbaukonferenz 2017 in Ebersberg zeigten sowohl die Landeshauptstadt als auch weitere Kommunal- und Fachvertreter Verständnis für diese grundsätzliche Forderung und unterstützen gemeinsame, interkommunale Maßnahmen. Aktuell wird daher nach geeigneten Mechanismen und Modellprojekten gesucht, um entsprechende Vorstöße für die Zukunft darstellen und – wenn erfolgreich – verstetigen zu können.