02.06.2017
Thomas Beyerle

Fach-Dialog Hochhäuser

Wohnhochhäuser – zwischen Babel und Star Wars

Sie sind im Stadtbild der Metropolen kaum zu übersehen - in Deutschland kommt das Wohnen im Hochhaus wieder in Mode. Doch ist das ein sinnvoller Beitrag zur Linderung der Wohnungsnot?

Wenn man die Rolle der Wohnhochhäuser rational zu Ende denkt, ist es sogar der einzige Weg um der Nachfrage nach Wohnungen bzw. der angespannten Situation etwas entgegenzusetzen. Dies unter Abgleich aller Anforderungen der Stadt- bzw. Regionalplanung und den massiven Re-Urbanisierungstendenzen in Deutschland. Motto: Viele Menschen, sprich Nachfrage auf einer überschaubaren Grundstücksfläche. Auch aus nachhaltigen Gesichtspunkten, sprich Flächenversiegelung, kurze Wege, zentrale Infrastrukturerschließung findet man mehr Vor- als Nachteile. Allerdings wird die aktuelle Hausse an den Wohnhochhäusern eher getrieben durch das verfügbare Anlagekapital und den Zwang zur Umwidmung infolge hoher Bodenpreise im Zentrum und weniger aufgrund des Faktors Wohnraumschaffung. Zumal sich diese Wohnform bei allen bekannten Fällen bisher fast ausschließlich im höchsten Preissegment positioniert. Insofern schaffen die aktuell angebotenen Projekte kaum eine Linderung der Wohnungsnot.

Allerdings haben sich Wohntürme bisher in Deutschland nicht durchgesetzt, ganz im Gegenteil etwa zu den Vereinigten Staaten, Singapur oder Japan. In der deutschen Wohnpsychologie definieren drei Elemente den Widerstand der letzten 60 Jahre gegen Wohnhochhäuser: gegen Urbanität, also für das Freistehende Haus im Grünen als Wunschziel, zweitens das äußert träge Umzugsverhalten der Deutschen und die bekanntermaßen abschreckenden Beispiele aus den 60/70er Jahren im Geschoßwohnungbau  wie z.B. Köln-Chorweiler, München-Neuperlach oder Berlin Gropiusstadt inklusive sozialer Erosion. Vor diesem Hintergrund bleibt bei der Konzeption solche Gebäude aktuell wenig in der Schnittmenge wie man diese Objekte in den Köpfen „neu positionieren“ kann. Das Ergebnis sind dann zumeist Premiumobjekte in Preiszonen, welche eher an Gated communities erinnern, denn als Teile einer lebendigen Stadt. In der Tat sind die Objekte in den angeführten Ländern, anders als bei uns, sehr stark sozial durchmischt, oftmals auch bedingt durch Bodenknappheit und stellen einen sehr fungiblen Markt im Segment der Eigentumswohnungen dar.

Schließlich stellt sich die Frage was  Hochhauswohnen für die Stadtentwicklung bedeutet. Das Pendel schlägt dabei in der aktuellen Diskussion zwischen Verödung bis hin zur Bereicherung des sozialen Lebens. Meine Meinung kann dies zur Bereicherung führen, wenn es gelingt die Einbindung dieser Wohnhochhäuser in das unmittelbare Umfeld, unter dem Aspekt des sozialen Abgleichs sicherzustellen, sog. happy und healthy places. Dafür fehlt uns ehrlicherweise aber in Deutschland die Erfahrung, hier hilft ein Blick in die USA oder Singapur. Das mag für den einen oder anderen zunächst auch einen negativen Aspekt der Verdichtung mit sich bringen, neue Formen der Kommunikation und des Bauens notwendig machen, welche es in dieser Form in Deutschland noch nicht gegeben hat. Gleichwohl sollte jeder sich vor Augen halten, dass beim jeweiligen Blick über das Wohnen in der Zukunft das Hochhauswohnen der Typus der Stadt darstellt: Urban, verdichtet und immer in die Höhe gebaut. Das findet man bei Fritz Langs Metropolis von 1927, über Blade Runner von 1982 bis hin zur Star Wars Reihe. Offensichtlich stellen wir uns unabhängig von Dekaden so die Zukunft vor.

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Der Autor
Prof. Dr. Thomas Beyerle
Head of Group Research, Managing Director