11.05.2017
Tina Hantel

Der Kunde ist und bleibt König!

Ein Fazit des Retailer Meetings 2017 in der Stadthalle Soest

Das gut besuchte Jahrestreffen am 9. Mai begann am Vorabend mit zwei Führungen in der historischen Hansestadt Soest.

Der „connected consumer“ als Treiber – Erlebnisse wichtiger als Besitz

Zum Auftakt des 7. Retailer Meetings warnte Manuel Jahn von der GfK die mehr als 200 Teilnehmer: In Deutschland wird dem stationären Einzelhandel Umsatz entzogen. Dafür ist zum einen der zunehmende Online-Handel verantwortlich, zum anderen verschieben Konsumenten Ausgaben weg vom klassischen Retail hin zu Investitionen in Reisen, Renovieren und Bauen. Darüber hinaus konsumiert der „Connected Consumer“ parallel online und stationär und kauft das beste aus zwei Welten. „Die Kunst der Einzelhändler und der Shopping-Destination-Entwickler wird in Zukunft darin bestehen, diese Kanäle intelligent zusammenzuführen“, so Jahn. Und er ergänzt: „Der tiefgreifende Strukturwandel wird nicht nur den Einzelhandel selbst, sondern auch die Standorte und Immobilienkonzepte ganz maßgeblich beeinflussen.“

Aufwertung und Revitalisierung sind IN

„Der Händler von morgen wird seinen Kunden noch mehr Einkaufserlebnisse bieten. Vermieter müssen ihre Strategien konsequenter an die Wünsche der Mieter anpassen“, so Johannes Palla, Geschäftsführender Gesellschafter der Habona Invest. Er fordert: „Mieter und Investoren müssen extrem eng zusammenarbeiten und nachhaltige Standorte schaffen.“ Zugleich betont Palla, dass es keine guten oder schlechten Assets gebe, alle hätten ihre Berechtigung. Für ihn sind Multichannel-Angebote, Abholzentren, soziale Funktionen oder ein Verteilernetz die zentralen Themen für die Zukunft.

Standort Mittelstadt – viel Potenzial für Investitionen

„Wir sehen noch zahlreiche Chancen für Investitionen in Klein- und Mittelstädten. Die Projektauswahl wird aber immer selektiver und mittelfristig bleiben einige Städte auf der Strecke“ so Reinhard Mussehl von der HBB.

(Re-)Vitalisierung der Innenstädte

Hat der Einzelhandel in der City überhaupt noch eine Chance? Diese Frage diskutierten u.a. die Panelteilnehmer Dr. Peter Achten (Handelsverband NRW), Christopher Schardt (Rossmann), Hermann Klaas (KLAAS Projektentwicklung) und Andrea Klahold (CORESTATE Capital) zusammen mit Roswitha Loibl (Immobilien Manager). Die Online-City Wuppertal, die Emsgalerie und das Projekt „Schräg ist spitze“ wurden als Vorzeigeprojekte genannt. „Kostenfreie Parkplätze in der Innenstadt“ sei eine Lösung, um den stationären Handel gegenüber dem Onlinehandel zu stärken.

„Innenstadt ist nicht gleich Innenstadt – die Menschen lieben schöne Innenstädte mit Angebot und Atmosphäre“, so Hermann Klaas, Geschäftsführer, Hermann KLAAS Projektentwicklung GmbH.

„Der Großteil der Menschen besucht nach wie vor die Städte hauptsächlich, um einkaufen zu gehen – selbst Digital Natives. Das zeigen Befragungen und Studien regelmäßig. Vor dem Hintergrund der Customer Experience im Online-Handel sind die Erwartungen an Erreichbarkeit und Aufenthaltsqualität dabei noch gestiegen. Eine neue Herausforderung für die Städte ist es, die Besucher bereits mit einem attraktiven „digitalen Gesicht“ zu empfangen“, betonte Dr. Peter Achten, Hauptgeschäftsführer, Handelsverband Nordrhein-Westfalen.

Expansionsbremse Baurecht – Wunschkonzert Bebauungsplan?

Die Zusammenarbeit mit Stadtplanern und Baubehörden muss und sollte besser werden, das wünschen sich viele Retailer. Denn lange Prozesse und starke Regulierung sind wenig hilfreich. Man muss mit den Städten zusammen an Lösungen arbeiten, nicht gegeneinander.

„Das Baurecht ist keine klassische Bremse, sondern eher eine Leitplanke. Die Einhaltung des Baurechts und dieser Leitplanken sorgt nur dann bei dem bestehenden Mieter oder Eigentümer für Planungssicherheit, wenn sich alle Planungsbeteiligten daran halten. Problematisch wird es dann, wenn einzelne Interessensgruppen die Leitplanken verschieben wollen. Kommunale und regionale Planungen müssen die bestehenden Instrumente (LEP, Einzelhandelskonzepte, usw.) sinnvoll und weitsichtig einsetzen, um zunächst dem Wandel der bestehenden Einzelhandelsbetriebstypen richtig zu begegnen (Nachfrage nach größeren Flächen). Ferner müssen kommunale Planer ein gesundes Maß an Verlässlichkeit gegenüber den bestehenden Einzelhändlern in der Stadt behalten. Modernes Baurecht schafft Wachstumskorridore für Neues und gleichzeitig Planungssicherheit für Altes“, so Carsten Mainz, INTERSPORT Deutschland eG.

„Die Grenze der planerischen Steuerung ist der Kunde“, betonte Christian Wacker, Geschäftsführer, ILG Assetmanagement GmbH, denn: „Der Onlinehandel findet baurechtlich nicht statt.“

Zukunftsweisende E-Commerce-Strategien

Die Auseinandersetzung mit digitalen Technologien ist Pflicht und nicht nur Kür für den Retailer. „Eine Vielzahl stationärer Kaufentscheidungen beginnt online“, erläuterte Cliff Pfefferkorn, Partner bei eStrategy Consulting GmbH. Kundenkarten, Gratislieferung oder Cashback dienen zur Kundenbindung und Datenerhebung. Mobile Payment, Same-Day-Delivery sowie intelligente Roboter, die Kunden durch den Markt navigieren – dies sind die neuen Themen, mit denen man sich beschäftigen muss. Mehr als nur Buzzwords für Händler und Investoren sind Themen wie Pop-Up-Stores, Digital Signage, Offline-Marktplätze und Feature-Stores.

 

 

Die Autorin
Tina Hantel
Projektmanagement
Heuer Dialog