Geotechnische Herausforderungen der innerstädtischen Nachverdichtung

Wirtschaftlichkeit von Anfang an

Immer mehr Menschen zieht es in die Stadt, 2015 bereits drei von vier Deutschen. Da innerstädtische Flächen knapper werden, bauen Architekten und Städteplaner in die Höhe. Die Gründung dieser Sonderbauten verlangt eine besondere geotechnische Expertise.

Heiner Fromm 20. Mai 2017

828 Meter ragt der Burj Khalifa in den Himmel über Dubai. Mit über 160 Stockwerken ist er der derzeit höchste Wolkenkratzer der Welt. Doch schon bald soll der Gigant durch noch höhere Prestigeobjekte in den Schatten gestellt werden. Der Jeddah Tower im benachbarten Saudi-Arabien soll bis 2019 fertiggestellt sein und die 1.000-Meter-Marke brechen. China und die Vereinigten Arabischen Emirate planen ähnlich hohe Bauwerke.

Hierzulande ist man von Gebäuden dieser Höhe noch weit entfernt. Das höchste deutsche Hochhaus, der Commerzbank Tower in Frankfurt, misst gerade einmal 260 Meter – im internationalen Vergleich ein Zwerg unter den Wolkenkratzern. Dennoch definiert die Landesbauordnung Hessen bereits Hochhäuser mit mehr als 22 m Höhe als Sonderbauten.

Diese Sonderbauten stellen Bauherren, Projektentwickler und Investoren vor viele rechtliche, finanzielle, umweltbezogene und fachliche Fragen. Die im Untergrund verborgenen geotechnischen Aspekte bei der Herstellung eines Bauwerks werden dabei oft unterschätzt. Doch erst ein sorgfältig erkundeter Baugrund und eine durchdacht geplante und bemessene Baugrube machen Hochhausgründungen und die notwendigen Tiefbauarbeiten wirtschaftlich.

Der innerstädtische Raum stellt höchste Anforderungen an das Gründungskonzept. Beengte Platzverhältnisse, oft mit direkt angrenzender Versorgungs- und Verkehrsinfrastruktur sowie Bebauung, erschweren die Planung und Ausführung der Tiefbauarbeiten. Speziell in Frankfurt kommen schwierige Baugrundverhältnisse hinzu, denn die Wechsellagen aus Ton, Sand und Fels machen den Abtrag hoher Lasten oder die Herstellung einer wasserdichten Baugrube noch komplizierter.

Die komplexen Anforderungen spiegeln sich auch in einschlägigen Normen zu geologischen Untersuchungen im Bauwesen wieder. Demnach werden Standardbauten wie Ein- und Mehrfamilienhäuser in die geotechnischen Kategorien 1-2 eingeordnet. Hochhäuser dagegen zählen zur geotechnischen Kategorie 3 und verlangen erweiterte geotechnische Kenntnisse und Erkundungen.

Mit vier bis fünf Untergeschossen erreicht die Baugrube schnell eine Tiefe von 20 Metern oder mehr und muss damit statisch wirksam umschlossen werden. Außerdem muss sie gegen Grundwasser geschützt oder das Grundwasser abgesenkt werden. In beiden Fällen sind immer auch wasserschutzrechtliche Aspekte zu berücksichtigen – insbesondere dann, wenn bei der Entnahme von Grundwasser schadstoffbelastete Wässer gefördert werden, die vor Wiedereinleitung aufzubereiten sind. Zudem werden beim Aushub der Baugrube große Erdmassen und ggf. auch Altbausubstanz bewegt, die fachgerecht untersucht und entsorgt werden müssen.

Um die großen Hochhauslasten sicher abzutragen und Setzungen bei benachbarten Bestandsgebäuden zu vermeiden, hat sich die Kombinierte Pfahl-Plattengründung (KPP) als wirtschaftliche Gründungsart bewährt. Dabei werden die Lasten – wie der Name bereits andeutet – nicht ausschließlich über die Fundamentplatte, sondern zusätzlich über Gründungspfähle in den Untergrund abgetragen. Da sich die Elemente Pfahl, Baugrund und Bodenplatte gegenseitig beeinflussen, sind diese Wechselwirkungen mit Hilfe mehrdimensionaler numerischer Modelle und in enger Abstimmung mit dem Tragwerksstatiker Hochbau exakt zu bemessen – eine in der Branche nicht alltägliche Aufgabe, die langjährige theoretische und praktische Erfahrung voraussetzt.

Die technisch und wirtschaftlich optimalste Gründungsvariante zu finden, erfordert immer das gleichzeitige Eindenken in mehrere Aspekte: Das Bauwerk mit seinen Lasten, die bauliche Situation im Umfeld, die Beschaffenheit von Baugrund, Grundwasser und Aushubmaterial sowie die Baulogistik im Zuge der Gründung. Gleichwohl lassen sich die Baukosten mit einer fundierten geotechnischen Planung und Beratung aus einer Hand erheblich reduzieren. Auf diese Weise haben Investoren, Bauherren und Projektentwickler die Gewissheit, dass ihr Bauwerk von Anfang an auf einem sicheren und ökonomisch tragfähigen Fundament ruht.

Der Autor
Heiner Fromm
Bereichsleiter Geotechnik Rhein-Main-Region,, CDM Smith Consult GmbH

Das Event zum Thema

Donnerstag, 29.Juni.2017
Fach-Dialog Hochhäuser
Frankfurt am Main