Der Autor
Peter Martin ThomasLeiter, SINUS:akademie
...„Gastronomie ist der neue Anker für die Einzelhandels-Destinationen“. Wer aber sind die Menschen, die gerne unterwegs essen? Wer sind vor allem die Menschen, die nicht (nur) konventionelles Fast Food und Selbstbedienungs-Restaurants bevorzugen, sondern wirklich gut Essen wollen? Ein hochwertiges Einzelhandels-Angebot muss im gastronomischen Bereich auf einem vergleichbaren Niveau ergänzt werden. Oder umgekehrt: Nur anspruchsvolle gastronomische Angebote haben das Potenzial, die passende Kundschaft für den hochwertigen Einzelhandel anzuziehen.
Fragt man die Menschen, ob es zu ihren Freizeitbeschäftigungen gehört, gut Essen zu gehen, so antworten nur 8 % der Bevölkerung, dass sie häufig gut Essen gehen. Immerhin 42 % gehen gelegentlich gut Essen. Weitere 41 % gehen nur selten und 9 % gehen sogar nie gut Essen.
Interessant wird diese Frage vor allem dann, wenn man die Antworten – so wie in der obenstehenden Grafik dargestellt – nach sozialen Milieus differenziert. Wenig überraschend sind die sozialen Milieus der Unterschicht und unteren Mittelschicht mit einer traditionellen oder modernen Grundorientierung bei den Menschen überrepräsentiert, die selten oder nie gut Essen gehen. Stark überrepräsentiert bei den Menschen, die gelegentlich oder häufig gut Essen gehen, sind hingegen die konsumstarken sozialen Milieus der oberen Mittelschicht und Oberschicht über fast das ganze Spektrum der Werte und Lebensstile hinweg. Im Modell der Sinus-Milieus® handelt es sich konkret um die Konservativ-Etablierten, Liberal-Intellektuellen und Performer. (Genauere Informationen zum Modell der Sinus-Milieus® für Deutschland finden Sie unter folgendem Link http://www.sinus-institut.de/sinus-loesungen/sinus-milieus-deutschland/).
Für die junge Mitte der Gesellschaft, die spaß-orientierten und urbanen Lebenswelten gibt es heute in vielen Innenstädten und Einkaufszentren interessante gastronomische Angebote. Ein gehobenes gastronomisches Angebot, welches vom Ambiente, der kulinarischen Auswahl und dem Preis-Leistung-Verhältnis den Ansprüchen der oberen sozialen Milieus entspricht, ist nicht überall zu finden. Für die Konzeption neuer Shopping-Center oder die Neu-Konzeption bestehender Center, die vor allem auf hochwertige Mode und ergänzende Einkaufsangebote setzen, lohnt sich daher unbedingt ein Blick auf die sozialen Milieus im Einzugsgebiet sowie die Passantinnen und Passanten, die sich im Lauf des Tages im Umfeld des Centers bewegen. Bewegungsdaten, die – differenziert nach soziodemographischen Daten, Konsumverhalten oder auch sozialen Milieus – darstellen, wer sich wann, wo und warum bewegt, sind heute für Deutschland verfügbar.
International sind solche Bewegungsdaten in dieser Form noch nicht verfügbar. Aber auch hier lässt sich bereits darstellen, welche sozialen Milieus Interesse an gastronomischen Angeboten haben. Dabei zeigen sich interessante nationale Unterschiede. In Hongkong haben beispielsweise auf die Frage, ob man in den vergangenen drei Monaten einem Hotel oder Restaurant essen war, dreiviertel der Befragten mit „Ja“ geantwortet. Dies ist ein vergleichsweise hoher Wert. Zusätzlich fällt auf, dass die Cosmopolitan Avantgarde – das jüngste, digital gut vernetzte und global denkende Milieu – mit 87 % am häufigsten die Frage bejaht hat. Sie scheinen in dieser Hinsicht wesentlich aktiver als das vergleichbare Milieu der Expeditiven in Deutschland. (Genauere Informationen zu Modell der Sinus-Meta-Milieus® finden Sie unter folgendem Link http://www.sinus-institut.de/sinus-loesungen/sinus-meta-milieus-weltweit/)
Interessant sind solche Daten insbesondere für die Anbieter gastronomischer Konzepte, die sich international positionieren wollen. Sie können auf diese Weise erkennen, in welchen Ländern besonderes Potenzial für das eigene Angebot besteht bzw. ob und wie es gegebenenfalls unterschiedlich positioniert werden muss, um eine ausreichend breite Zielgruppe zu erreichen.
Dieser kurze Einblick in die gastronomische Welt aus Milieuperspektive zeigt: Ein erfolgreiches Angebot zum Essen zu gestalten, ist anspruchsvoll – insbesondere dann, wenn man nicht die einfachen, sondern die anspruchsvollen und zugleich konsumstarken Zielgruppen erreichen möchte.