12.05.2017
Andreas Fleischer

"Das Jahrtausend der Städte?!"

Neue Logistikimmobilien im Großstadtdschungel

Seit dem Jahr 2010 leben weltweit erstmals mehr Menschen in den Städten als auf dem Land. Dieser Anteil wird sich zukünftig deutlich erhöhen.

Inzwischen ist medienübergreifend nicht mehr nur vom Megatrend der Urbanisierung, sondern gar vom „Jahrtausend der Städte“ die Rede.

Die Städte bedecken gegenwärtig allerdings nur zwei Prozent der gesamten Erdoberfläche, die Menschen leben also auf engstem Raum zusammen. Was das für den Personen- und Güterverkehr bedeutet, zeigen Metropolen in Asien oder Afrika, die sich kurz vor dem infrastrukturellen Infarkt befinden.

Auch in Deutschland spitzt sich die Lage an den innerstädtischen Verkehrsknotenpunkten immer weiter zu, in den A-Städten ist stellenweise die Belastungsgrenze erreicht. Ein zentraler Aspekt ist dabei der stetig steigende Lieferverkehr. Bereits jetzt befinden sich täglich fast 64.000 Lieferfahrzeuge auf deutschen Straßen. Treibende Kraft ist vor allem die E-Commerce-Branche, die ein jährliches Wachstum von mindestens zehn Prozent verzeichnet. Zudem müssen die Händler Gratisversand und Gratisretouren anbieten, um nicht von der Konkurrenz geschluckt zu werden. Inzwischen wird beinahe jedes dritte Paket zurückgeschickt und gelangt erneut in den innerstädtischen Warenverkehr.

Durch den Online-Handel gelangen nicht nur mehr Waren zu den Kunden, sondern aufgrund von kürzer werdenden Lieferzeiten mit Same Day- oder Same Hour-Delivery-Option auch immer schneller. Das lässt die Nachfrage nach modernen Lagerflächen explodieren: Prognosen von Scope Analysis zufolge wird sich der Flächenbedarf bis zum Jahr 2025 verdoppeln. Fest steht: Die strukturellen Umbrüche im Bereich Verkehr und Logistik erfordern völlig neue Konzepte für Logistikimmobilien. Doch wie müssen die neuen Logistikzentren konkret gestaltet werden, um der Vielzahl an Herausforderungen  im Großstadtdschungel zu begegnen?

Die wichtigste Entwicklung im Bereich der City-Logistik ist die kleinteiligere und feingliedrigere Aufteilung der Lagerflächen in dezentrale Einheiten, um eine effiziente Versorgung der letzten Meile zu gewährleisten. In Verbindung mit neuartigen Lieferfahrzeugen wie E-Bikes, Ziehhilfen oder autonomen Kleinfahrzeugen können diese die zentralen Verkehrsknotenpunkte entlasten und weniger frequentierte Routen befahren werden. Die Objekte müssen zudem durch den öffentlichen Personennahverkehr exzellent angebunden sein, um nicht nur den Liefer-, sondern auch den Pendlerverkehr zu reduzieren.

Hinzu kommt die anhaltende Flächenknappheit in den deutschen Städten. Deshalb müssen Logistikimmobilien auch hierzulande den Schritt in die Höhe wagen: in Form von Multi-Level-Objekten nach asiatischem Vorbild, die mit separat befahrbaren Außenrampen ausgestattet sind. Zudem sollten bauliche Möglichkeiten für die Implementierung von vollautomatischer Intralogistik geschaffen werden. Allerdings müssen die Kommunen die benötigten Flächen überhaupt erst vergeben. Aus diesem Grund ist es eine wichtige Aufgabe für die Projektentwickler, einerseits Strategien zu entwickeln, um Industriebrachen und ähnliche Grundstücke zu revitalisieren. Andererseits sollten sie Konzepte zur Mischnutzung entwerfen, die nicht nur eine effiziente Nutzung ermöglichen, sondern auch einen Mehrwert für die Anwohner bieten.

Zusätzlich zu additiven Fertigungsmodulen wie 3D-Druckern, die eine Produktion und Lagerung in derselben Immobilie ermöglichen, sollten Angebote für die Anwohner eingerichtet werden. Das kann eine Kindertagesstätte ebenso beinhalten wie eine Sporthalle oder andere Möglichkeiten der Freizeitgestaltung. Aber auch in puncto Energieversorgung kann der Entwickler einer Logistikimmobilie die Infrastruktur stärken. Sei es durch die öffentliche Bereitstellung von Ladesäulen, die für moderne Elektro-Lieferfahrzeuge benötigt werden, oder durch die Einspeisung der in Solarzellen oder Blockheizkraftwerken gewonnenen Energie in das lokale Stromnetz.

Der Autor
Andreas Fleischer
Geschäftsführer
SEGRO Germany GmbH