21.04.2017
Uwe Clausen

Chancen der Digitalisierung

König Kunde und die letzte Meile

Die „Letzte Meile“ ist der Teil der Logistik, den „König Kunde“ direkt erfährt. Demografische Effekte führen - vor allem in den Metropolen - zu kleinen Haushaltsgrößen mit jungen Bewohnern.

Nicht nur, aber vor allem diese, nutzen Angebote des E-Commerce immer stärker. Vor 10 Jahren gab es noch keine Apps für Smartphones, vor 20 Jahren war der Online-Handel ganz neu – Beispiele, die zeigen, wie dynamisch Technologien Einfluss auf unser Leben und insbesondere auf die Logistik der letzten Meile haben. Damit Logistik leisten kann, was „König Kunde“ inzwischen zunehmend wünscht, werden mehr Standorte in Kundennähe erforderlich.

Neben einem Kosten- wird zunehmend auch ein Innovationsdruck zur Entwicklung sowohl effizienter als auch sauberer Lieferkonzepte, vor allem in Städten, spürbar: In zunehmendem Maße werden Belieferungsverkehre eingeschränkt, Vorgaben für die Antriebstechnik verschärft oder Gebühren verlangt. Diese Diskussion, in der Vorschläge bis zum vollständigen Verbot von Verbrennungs­motoren gehen, steht noch am Anfang. Sie führt möglicherweise und zum Nachteil überregional agierender Dienstleister zu vielen regional unterschiedlichen Randbedingungen. 

Innovationen beim Antrieb und insbesondere Automatisierung des Verkehrs dürfen dabei nicht nur mit heutigen Fahrzeugkonzepten gedacht werden. Transportroboter, die sich autonom orientieren und mit wenig mehr als Schrittgeschwindigkeit zum Kunden fahren, eröffnen Perspektiven für eine neue Qualität der Zustellung. Nicht mehr die Beladung für eine ganze Tagestour sondern das Management einer Vielzahl kleiner Transportroboter, die sich jeweils auf Kundenabruf mit einer individuellen Sendung auf den Weg machen, wird auf der letzten Meile Einzug halten.

Auch Drohnen sind als Transportmittel der letzten Meile im Kommen: Amazon mit Prime Air oder DHL mit dem Paketkopter sind beispielhafte Konzepte großer Player, die für diesen neuen Markt Lösungen entwickelt haben. In der ZF-Zukunftsstudie haben wir diese spannenden Innovationen beschrieben, aber auch auf Aspekte etwa bei Sicherheit und Wirtschaftlichkeit verwiesen, die dafür sprechen, dass dies gegenüber dem Transport auf dem Boden eher Nischen bleiben werden.

Neben der Distribution der - heute wie zukünftig - zentral gefertigten und oft importierten Waren entstehen neue Segmente durch additive Fertigung. Der 3D-Druck wird sich weiter und insbesondere dort durchsetzen, wo er für Geometrien und Eigenschaften der gefertigten Bauteile geeignet und seine dezentrale Flexibilität besonders vorteilhaft ist. Für so herstellbare Güter werden zeitkritische lange Transportwege vermieden und es ergeben sich neue Konzepte „der hybriden Dienstleistung“. Auch wenn dies im Einzelfall zu weniger Verkehr führt, ist der Effekt des steigenden Verkehrs­aufkommens durch Online-Handel und durch anhaltend gute Konjunktur in einer weiterhin arbeits­teiligen Weltwirtschaft bis auf weiteres wohl noch stärker.

Auch für die Rolle der Elektromobilität hängt viel von erhofften Technologiesprüngen in der Batteriefertigung und von ggfs. schärferen Rahmenbedingungen der Städte ab. Ein größeres Angebot an E-PKW und leichten E-Nutzfahrzeuge bis 3,5 t wird schon bald in Serie verfügbar sein. Bei größeren Nutzfahrzeugen wird der Verbrennungsmotor – insbesondere außerhalb von Metropolen – aufgrund von Reichweiten und wirtschaftlichen Parametern weiterhin unverzichtbar bleiben.

Die Chancen der Digitalisierung sollte die Logistikbranche engagiert nutzen, um in Zukunft zu bestehen. Neben Investition in Technologie ist es vor allem die Digital-Kompetenz der Mitarbeiter, die es braucht, um für „König Kunde“ auch in Zukunft beste Logistik auf der letzten Meile anbieten zu können.