Die Autorin
Miriam KargProjektleiterin, Heuer Dialog
Die Brexit-Entscheidung und die Folgen: Das Wettrüsten des bundesweiten Stadtmarketings um die besten lokalen Argumente, die Incentive-Tüte bunt gemischt, die Vorzüge gleich mit dem städtischen Umland – ach was, der ganzen Region – im Gepäck, so buhlen manche deutsche Städte direkt vor Ort um die Londoner Unternehmen mit potenzieller Reisebereitschaft. Auch die Researchabteilungen bemühen sich seit dem Sommer 2016 um den Blick in die Kristallkugel und vergrößern somit die Dollarzeichen in den Augen der Wirtschaftsförderungen und die Hoffnung auf ein bisschen mehr Internationalität in manchen Städten.
Ein Spotlight hat schnell sein Ziel gefunden: Frankfurt am Main. Erprobte Bankenstadt mit internationalem Flair, Flughafen und der vertrauten (noch Business-)Skyline, wie sie sonst nirgends in Deutschland zu finden ist. Doch Frankfurt ist im Wandel. Die Finanzbranche strukturiert sich neu, das Thema Digitalisierung verändert Geschäftsprozesse und Frankfurt hat zugegebenermaßen ein Platzproblem. Oder etwa doch nicht? Frankfurt ist grün, lautet einer der Punkte, die einen über die Stadt staunen lassen.
Doch grün ist tabu! Das war gesetzt unter dem früheren Planungsdezenernten Olaf Cunitz. Jetzt weht im Dezernat jedoch ein anderer Wind. Und „der Neue“: jung, dynamisch, angstfrei, diskussionsfreudig und diplomatisch, wagt den Türöffner. Sein erstes Statement zur Veranstaltung zum Frankfurter Büromarkt: „Das Leitbild der Innenentwicklung, welches über Jahre hinweg die Stadtentwicklung geprägt hat, muss aufgebrochen werden.“ Und er gibt Gas: Schon ein halbes Jahr früher als geplant, Mitte 2017, soll der Entwurf für das „Integrierte Stadtentwicklungskonzept“ vorliegen. Das Big Picture wird angeschaut – und neu eingeteilt?
Mutig war Frankfurt auch schon in der Vergangenheit. Hier hat die Immobilienwirtschaft zum ersten Mal spekulativ gebaut, mit Erfolg. Da war der Brexit noch ganz weit weg. Und massive Veränderungen im Stadtbild mit dem MainTor und dem neuen Gebäude der EZB und somit einer neuen Skyline für die Erinnerungspostkarte waren für die Frankfurter auch kein Problem. Der Frankfurter Büromarkt legte 2016 ein fulminantes Jahr hin! Die Immobilien Zeitung berichtete kürzlich von 37,3 % mehr Flächenumsatz im Vergleich zum Vorjahr (540.900 qm gegenüber 394.000 qm).
Was macht diesen Erfolg in diesem Jahr aus? Statt des Gejammers über den „nicht nutzbaren Leerstand“ wie in der Vergangenheit, ist man jetzt stolz, diesen erfolgreich in Wohnraum umgewandelt oder durch ein Redevelopment auch kleinteilige Vermietungen ins Haus geholt zu haben. Endlich ein Zuhause für Co-Worker auch in Frankfurt! Auch ein ehemaliger unattraktiver Standort wie Niederrad hat sich positiv weiterentwickelt. Ist das der Erfolg einer strategischen Marketingkampagne oder ist die Qualität des Frankfurter Bestandes bei genauerem Hinschauen doch „gar nicht sooo schlecht“, wie gern behauptet wird?
Nun packt die lokale Immobilienwirtschaft die nächsten Themen an: hybride Türme, Mehrfachnutzung, Mischgebäude, Digitalisierung. Die Geschäftswelt vermischt sich mit dem Privatleben. Räumlich und virtuell. Für Nachschub ist gesorgt: Die Frankfurter Pipeline ist prall gefüllt, sowohl mit neuen Büro- als auch Wohnflächen.
Die Stadt verändert sich, von innen wie von außen – und die Frankfurter Immobilienszene ist mal wieder Pionier! Und sowas von bereit.