Die Autorin
Petra HöfelsProjektleiterin, Heuer Dialog
Den Auftakt gab ein Get-Together in Lounge-Atmosphäre im Ellington, bei dem Eike Becker eine Lanze für mehr Frauen in der Branche und gegen die Old-Boys-Netzwerke brechen wollte. Dabei wurde allerdings offensichtlich, dass die Frauen diese Form der Ansprache nicht brauchen. Sie sind längst weiter, sind Geschäftsführerin und Vorstand und leiten bzw. arbeiten in Unternehmen mit 50 Prozent Frauenanteil. Ein Männerkongress wäre wohl der bessere Adressat der Idee(n) gewesen...
So wurde dann die Preisverleihung des W.I.R.E.-Awards der trefflich verdiente Höhepunkt des Abends. Iris Schöberl, Geschäftsführerin BMO Real Estate Partners GmbH & Co. KG und letztjährige Preisträgerin, hielt die Laudatio und unterstrich mit viel persönlicher Verve die Stärken und das Engagement von Marion Schmitz-Stadtfeld, Leiterin Integrierte Stadtentwicklung, NH ProjektStadt aus Frankfurt. Frau Schmitz-Stadtfeld wurde für ihren Mut ausgezeichnet, neue Wege in der Stadtentwicklung zu beschreiten und die Beteiligten dabei mitzunehmen. Nicht zuletzt gab den Ausschlag, dass sie bereits frühzeitig die Integration von geflüchteten Menschen in den Fokus genommen hat und hier auf anspruchsvolle Unterbringung und Integration setzt, weit über die bloße Versorgung hinaus.
Ganz im Fokus aktueller Themen stand auch der Kongress selbst, der sich von Wohnen über Handel zum Büro mit den Herausforderungen unserer Städte beschäftigt und die innovativen Ideen als Nutzwert für die Branche herausarbeitete. Den Einstieg machte Grit Schade von der Wohnbauleitstelle der Senatsverwaltung Berlin, die gigantische Zahlen im Gepäck hatte und so einen Überblick über die enorme Kraftanstrengung, die mit Stadtentwicklung und dem Wachstum der Metropolen verbunden ist, geben konnte.
Die Vielfalt der Wohnformen wurde vom anschließenden Panel beleuchtet, ob es nun ums Mikrowohnen geht, und die Frage, ob das nur ein Hype für Investoren ist oder ein Trend, der dem mangelnden Raum in den Innenstädten Rechnung trägt oder wie die Generationen zusammen leben und die Städte lebenswert bleiben können, bis zur Mobilität in den Städten – aktuell und in Zukunft.
Schon aus dem Plenum wurde in den Fragerunden deutlich, dass Innenstädte und lebenswerte Formen der Gemeinschaft maßgeblich vom Handel geprägt werden. Doch inzwischen sind die Innenstädte und ganze Ladenzeilen vom Siegeszug des Online-Handels bedroht. Auf der einen Seite laufen am Wochenende die meisten Bestellungen bei den Internet-Riesen ein, andererseits stimmen Bürger und Politik gegen verkaufsoffene Sonntage. Wie passt das zusammen, was will der Kunde? Hier liegt der Ansatz in der Zuwendung und im Detail: Handel muss zunehmend auch Erlebnischarakter bieten. Serviceorientiert und mit dem Quäntchen mehr, das die Kunden in die Läden zieht. Handel und Innenstädte bleiben dadurch lebendig, wenn die Vorteile von Online-Shopping und stationärer Produktvielfalt geschickt miteinander verknüpft werden.
Und wie, so könnte zusammengefasst die Fragestellung zum Büro-Panel lauten. Denn arbeiten, das wissen wir alle, ist längst nicht mehr an einen Schreibtisch in einem Bürogebäude gebunden und welche Anforderungen an die Büroimmobilie gestellt werden, das hängt stark vom Nutzer ab. Wobei auch diese Erkenntnis durchaus eine Weiterentwicklung darstellt, ist doch nicht mehr der Investor derjenige, der die Bedingungen stellt, sondern der Wohlfühlfaktor oder überhaupt die passende Ausrichtung einer Büroimmobilie für das Assetmanagement von zunehmender Bedeutung. Ob dafür dann gleich einen Büro-Hund zwingend ist, lässt sich sicherlich individuell entscheiden – so wie die Individualität in den Büros nicht trotz, sondern gerade wegen gemeinsam genutzter Flächen immer wichtiger wird, um sich und dem Unternehmen ein Gesicht zu geben und sich so von anderen Arbeitgebern abzusetzen. So spielt neben der Lage dann vielleicht das Bällebecken eine Rolle bei der Frage nach der Standortwahl?!
In allen Themen zieht sich der Einsatz und die Bedeutung von digitalen Prozessen und innovativen Techniken durch. Bleibt hier die Immobilienbranche auf der Höhe der Zeit? Ist man noch in der Lage, die disruptiven Prozesse zu steuern oder wird man fortgerissen von einer Welle neuer Technologien?
Viele Fragen und viel Technik, wobei man sich auf dem Podium einig war, dass man den vielbeschworenen Kühlschrank, der die Milch nachbestellt, nicht braucht. Doch auch hier ließ sich ein Unterschied zwischen der Generation Y feststellen, die sich in der Lage sieht, dies doch selber schnell im Internet zu machen – und der Moderatorin, die darauf verweist, dass man Milch auch noch selber besorgen und nach Hause schleppen kann.
Nach der Mittagspause ging es dann weiter mit einem Impuls zu mehr Kreativität in Unternehmen. Als Methode für die gleichberechtigte Auseinandersetzung mit neuen Prozessen und Ideen hat Nina B. Fischer dazu Design Thinking vorgestellt und den Teilnehmerinnen nahe gebracht, wo die Stärken liegen und welche Chancen die Anwendung bietet, um Unternehmen nach vorne zu bringen und Abläufe oder Strategien neu zu implementieren. Wer hier vertiefend einsteigen will, hat sicherlich die Möglichkeit, den Nutzen mit nach Hause zu nehmen.
Dann ging es in die Gruppenprozesse und - in unterschiedlicher Stärke – wurde darüber diskutiert, welche Chancen Start-ups und deren Kultur für Frauen bieten, wie Frauen in Führung gebracht werden können, was in anderen Ländern anders – und manchmal besser – läuft und wie es um die Vereinbarkeit von Karriere und Beruf und um den Nutzen von Frauennetzwerken bestellt ist. Interessant war, dass am Rande des Kongresses, also am Vorabend und im Pausenbereich, gerne über die sog. Frauenthemen miteinander diskutiert wurde, die Sessions mit diesen Themen aber nicht so anlockten. Lag es an den spannenderen anderen Themen oder sind die Frauen einfach schon weiter, als gedacht? In jedem Fall hat man sich in Kleingruppen gut ausgetauscht und im Plenum der größeren Runden gelauscht, was die Karrieren der Start-up-Frauen so ausmacht.
Ganz zum Schluss kam mit Sigrid Meuselbach noch mal Schwung in die Bude. Die Damen wurden zur Mitarbeit animiert, mussten sich einander nach der James-Bond-Methode vorstellen und von ihren Erfolgen berichten. Dies – und die Aufforderung, wie eine Königin diesen Kongress zu verlassen und durch das (Berufs-)Leben zu schreiten, damit man (mehr) Platz einnimmt, hat wachgerüttelt und die Damen beschwingt nach Hause begleitet. Im Flugzeug zurück konnte man sich so auch auf dem mittleren Sitz seinen Platz streitig machen, und das ist doch schon mal ein Anfang.
Nach diesem Input und vielen Diskussionen zu den Themen der Zukunft kann die Zusammenfassung nur lauten, dass nicht nur Stadt Zukunft macht, sondern Frauen daran auch einen nicht unerheblichen Gestaltungsbeitrag leisten, den sie gewillt sind, einzubringen.
Die Frauen in der Immobilienbranche sind da!