13.11.2016
Petra Höfels

… oder die Antwort auf die Frage: Warum ein Frauenkongress?

Lift me up

Der Weg nach oben wird nicht allein durch Können und Fleiß bestimmt, sondern auch durch Beziehungen und die eigenen Ambitionen. Frauen sind in der Branche in der Unterzahl und die Besetzung wird dünner, je mehr es um die Abschlüsse und Deals geht.

Bild: sma/IZ

Es gibt Themen, die sind in der öffentlichen Wahrnehmung in etwa so beliebt wie ein Schnupfen. Dazu gehört ganz sicher die Auseinandersetzung mit dem Thema „Frauen“. Das ist in der Immobilienwirtschaft nicht anders als in gesellschaftspolitischen Debatten – und das haben die Frauen in der Branche auch internalisiert. Nein – Frauen sind nicht benachteiligt, ja – Frauen stehen alle Möglichkeiten offen und ja, sie können alles erreichen! Warum also ein Frauenkongress?

Ganz dünnes Eis

Nun sind wir aber alle nicht blind: Die meisten von uns waren vor kurzem in München auf der Expo Real und da geht es nicht nur um die vorherrschenden Farben unter lauter Anzugsträgern oder um das Schuhwerk. Nein, ein Blick in die Gänge und auf die Podien zeigt: Frauen sind hier in der Unterzahl und die Besetzung wird dünner, je mehr es um die Abschlüsse und Deals geht.

Und auch auf unseren Veranstaltungen sehen wir ein ähnliches Bild: relativ wenige Teilnehmerinnen, noch weniger Referentinnen. Nun haben wir das mit den Referentinnen ja selbst in der Hand – und was liegt also näher, als die Fragestellung zum Programm zu machen? Also (fast) nur Frauen auf das Podium zu holen, die dann ihre Sicht der Dinge dem Publikum erläutern und mit dem Plenum diskutieren. Und dabei geht es um Fachfragen genauso wie um Frauenfragen. Denn eine Frau in Vorbildfunktion und mit verantwortungsvollen Aufgaben und spannenden Projekten bleibt gerade in Bereichen, in denen es um viel Geld und/oder Einfluss geht, immer noch eine Ausnahme. Die (unbewusste) Bewertung, die das nach sich zieht, soll hier gar nicht im Mittelpunkt stehen.

Identifizieren und Identifikation

Es geht eher darum, in der Branche die Frauen zu identifizieren, die sich eine Position und Stimme erarbeitet haben. Die sichtbar geworden sind, über ihre Projekte, ihre Erfolge, ihre Ideen und ihre Präsenz. Diejenigen auf die Bühne zu holen, die diese Erfolge leben und (neue) Ideen vertreten in ihrem jeweiligen Umfeld – sei es Wohnungsbau, seien es Büroentwicklungen oder Handelsimmobilien, sei es Transaktion, Projektentwicklung und Vermittlung oder innovative Geschäftsfelder und neue Technologien. Das Spektrum ist vielfältig und die Frauen sind es auch.

Und so vielfältig sind auch die Wege, die sie in ihre Positionen gebracht haben. Dabei können viele Frauen Vorbild sein und Identifikation stiften in einem Bereich, der spannende Karrieren und Entwicklungsperspektiven bietet. Denn getreu dem Motto „Man kann nur werden, was man sieht“, müssen Role Models sich ihrer Rolle bewusst werden, diese annehmen, und bereit sein, weitere Frauen nachzuholen. Das machen Männer seit Jahrhunderten – es scheint fast wie ihr genetischer Code. Aber sie bleiben dabei gerne unter sich. "Similarity Attraction Theory" nennt man das.

Der Weg nach oben wird jedoch nicht allein durch Können und Fleiß bestimmt, sondern auch durch die richtigen Kontakte und die eigenen Ambitionen. Mehr Frauen – ob in Führungspositionen oder mit Verantwortung – erreicht man deshalb durch Gestalterinnen, die Vorbild sind. Denn der Wille zur Veränderung ist da, die Grundlagen sind dank hoher Qualifikation und Unabhängigkeit gelegt, die erfolgreichen Frauen der Branche tun also gut daran, andere Frauen zu motivieren.

Mit offenem Visier – Frauen unter sich

Dabei wollen wir kein Motivationscamp sein, bei dem Frauen sich gegenseitig bestärken, wie toll sie sind. Genauso wenig geht es darum, zu jammern oder herauszuarbeiten, was Frauen in ihrem Vorankommen hindert. Vielmehr geht es um das Gemeinsame, das Verbindende und um das Miteinander. Sich gegenseitig befruchten mit neuen Ideen, Ansichten und Aussichten. Und sich gegenseitig fördern und befördern – in neuen Projekten, Aufgaben und Allianzen.

Denn wie lautet die uralte Regel? Ohne Netzwerk keine Karriere! Für einen ersten Aufschlag und den offenen Austausch ist ein funktionierendes Frauennetzwerk die beste Basis. Was den ersten Frauenkongress ausgemacht hat, war sicherlich die Atmosphäre. Es lag von Anfang an ein offener und lockerer Ton in der Luft, wie ein Bienenschwarm rauschte es im Kongress und Pausenbereich und die Teilnehmerinnen konnten spüren: Hier entsteht etwas ganz Neues, (auf Businessebene) leider allzu selten Erlebtes.

Ich nenne das gerne „barrierefrei“ – so habe ich es erlebt: Man ging aufeinander zu, kam ins Gespräch und tauschte sich aus. Kurz: Netzwerke wurden aufgebaut.

Nutzen erkennen und Mehrwert schaffen

Denn die Netzwerke sind es, die oft noch fehlen. Mit Netzwerken werden Grundlagen gelegt für das Business: Man lernt sich kennen und tauscht Ideen aus, wirft einen Blick in die Projektpipline oder benennt die abgeschlossenen Deals. So kommt eins zum anderen (und irgendwas bleibt immer hängen), sodass eine Zusammenarbeit folgerichtig der nächste Schritt ist. Warum nicht die Chancen nutzen, die das Podium oder die Kaffeepause bietet? So staunt man, was für tolle Konzepte die Referentin vorstellt, die sich auch für das eigene Projekt anbieten. Und wie hieß noch mal die toughe Anwältin, die Transaktionen mit UK betreut? Wer war die Architektin, die nachhaltige Gebäudehüllen entwirft? Vielleicht auch die Doktorandin auf die Entwicklungen des Unternehmens für ihren Forschungsbereich aufmerksam machen?

Durch diese Herangehensweise wird Mehrwert geschaffen – für das Unternehmen, für die Immobilienwirtschaft, für die Frauen und für uns ganz persönlich. Von einem Frauenkongress kann man viel mitnehmen: neue Themen und Herangehensweisen zum Beispiel. Aber auch neue Allianzen, eine Kultur des Miteinanders und die Erkenntnis, dass es viele tolle Frauen gibt, die ihren Platz in der Immobilienbranche gefunden haben oder noch finden werden. Um das zu vertiefen und zu wiederholen, gibt es den Jahreskongress Immobilien-Frauen!

PS: Nach dem ersten Frauenkongress [Video] berichtete mir eine Teilnehmerin, dass sie noch nie mit so vielen Kongressteilnehmerinnen gesprochen hätte, aber ebenfalls nur selten so wenige Visitenkarten mitgenommen hätte. Kennenlernen ist nur der erste Schritt, vertiefen des Kontakts muss der nächste sein. Also die Damen: Visitenkarten einsammeln und verteilen, damit das Business weiblicher wird ;-).

Die Autorin
Petra Höfels
Projektleiterin
Heuer Dialog