11.10.2016
Petra Höfels

Gemeinsam den Innovationen auf der Spur

Eindrücke vom Innovationsrundgang auf der Expo Real 2016

Wer stellt sich und seine Produkte eigentlich nicht als innovativ dar? Oft steckt aber weniger Nachrichtenwert dahinter, als versprochen wird. Doch es gibt auch echte Neuheiten, auf die sich ein Blick lohnt.

Gerade beim Schaulaufen einer Messe wie der Expo Real findet der Begriff Innovation inflationär Verwendung. Kaum ein Stand, der nicht innovative Konzepte, Standorte oder Anlagen verspricht. Bei so viel Anspruch fragt man sich zwangsläufig, was denn nun wirklich innovativ und nachhaltig ist. Und was kann bestenfalls als sprichwörtlich „alter Wein in neuen Schläuchen“ abgestempelt werden? Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, haben Drees & Sommer und bulwiengesa den Innovationsrundgang nicht nur ins Leben gerufen, sondern auch eine Definition für „echte Innovationen“ entwickelt: Nach Voigt 2008 und Just et al. 2015 birgt eine echte Innovation „neues Wissen, das zu einer nachhaltigen wirtschaftlichen Nutzung führt“. Derart wissenschaftlich unterfüttert haben wir uns also am ersten und zweiten Messetag mit einem Rundgang über die Messe auf die Suche begeben nach Projekten, die ein belastbares Grundkonzept vorweisen, das Chancen auf Realisierung hat und noch nicht allgemein bekannt ist.

Einladung zu einem Messe-Rundgang unter Führung von Trüffelsuchern

Dieser Anspruch lockte zahlreiche Besucher, die sich innerhalb weniger Tage für den Rundgang angemeldet hatten. Zweimal wurde der einstündige Rundgang angeboten und jeweils 120 Teilnehmer hatten einen der Plätze ergattert. Man traf sich um 10.00 Uhr – nach ersten Eindrücken von der Messe am Dreso-Stand, wo alle zur besseren Verständigung Headsets bekamen. Nach Begrüßung von Peter Tzeschlock (Vorstandsvorsitzender, Drees & Sommer AG) und Andreas Schulten (Vorstand, bulwiengesa AG) machte sich die Truppe – angeführt durch ein Schild mit der Aufschrift „Innovation“ – auf den Weg. Das war schon ein echter Auftrieb – eine so große Masse an Immobilienprofis, die (durch das Schild für alle sichtbar) den Innovationen auf der Spur ist.

Erste Station – Lernende Technologie

Als erstes ging es zu Leverton – die in der Kategorie „Wirtschaftliche Innovation“ punkten konnten. Als klassisches Start-up nicht mit einem eigenen Stand auf der Expo Real vertreten, hat man die Kontakte zur Deutschen Bank genutzt und zur Deutschen Asset Wealth Management in Halle A2 geladen. Auf dem langen Weg von C1 schien niemand verloren gegangen zu sein. Große Augen machten die Gastgeber und vor allem die umliegenden Stände ob der riesigen Gruppe, die sich in Stellung brachte. Emilio Matthaei legte los mit der Präsentation seiner Vorstellung von Real Estate Management 2.0. Dabei geht es um Datenverwaltung: Einlesen, ablegen, zusammenfassen, aktualisieren von (vielen) Verträgen aus dem Mietermanagement, was sich bislang – oft dezentral – in Aktenschränken findet oder manchmal auch unauffindbar vom Hund gefressen scheint, wie einst die Mathehausaufgaben.Das innovative und spannende an dem System ist die Deep-Learning-Technology, die selbstlernend ist. Denn die computerlinguistische Software „versteht“ als PDF vorliegende Verträge und andere Unterlagen, macht ihre wesentlichen Inhalte auf sehr strukturierte Weise übersichtlich und rasch zugänglich. Damit beschleunigt und erleichtert die Plattform die Interpretation von Vertragstexten in ganz erheblichem Ausmaß.Ob es daran liegt, dass die Immobilienbranche hier selber noch viel lernen muss oder alle überwältigt waren – Fragen gab es nur wenige, aber viel Applaus für Herrn Matthaei.

Zweite Station – Verantwortung im Quartier

Ohne lange zu fackeln ging es weiter durch das Getümmel der gut gefüllten, wuseligen Hallen. Nächste Station war C2 – also einmal quer durch den Riegel. Es ging zu Penny, die mit ihrer Aktion „Willkommen Nachbarn“ als „Soziale Innovation“ entdeckt wurden. Dieses in Hamburg als Pilot entwickelte Konzept ist just zur Expo Real deutschlandweit in weiteren Ballungsräumen angelaufen. Dabei versteht sich Penny über den Nahversorger hinaus als engagierter Partner in der Quartiersentwicklung und -gestaltung. Man will „nah beim Kunden“ sein. Wie Expansionsleiter Dietmar Burtzlaff erläuterte, erhalten die Märkte im „Kiez“ oder „Veedel“ eigene Namen, ausgewählt durch die Nachbarschaft. In Hamburg gibt es den Penny „Am Kaifu“, in Köln „Ehrenfelder Liebe“. Außerdem werden – auch direkt vor Ort und nur von dort gesteuert – soziale Projekte zur Förderung von Kindern und Jugendlichen unterstützt; über ein Vorschlagwesen durch die Kunden aus dem Quartier, die sowohl bei der Nominierung als auch bei der Abstimmung aktiv mit der jeweiligen Marktleitung teilnehmen – und das online wie offline.Interessanterweise hat gerade dieser Aspekt die Teilnehmer des Rundgangs so interessiert, dass es die meisten Nachfragen – auch im Nachgang – dazu gab, wie man denn sein Wohltätigkeitsprojekt oder seine Stiftung dort platziert. Am zweiten Tag kam dadurch der Immobilien-Bezug vielleicht ein wenig zu kurz, was schade ist, da Penny hier die klassischen Discounter-Wege verlässt und neue Ansätze verfolgt. Aber es zeigt doch, dass Verantwortung und soziales Engagement auch in der oft gescholtenen Immobilienbranche gut ankommen. Auch wenn man hier noch stundenlang zuhören könnte – die Zeit ist knapp, und es geht weiter zur nächsten Station.

Dritte Station – Und jetzt das Wetter

Die führt uns – nur kurz über den Innenhof – zurück zu Drees & Sommer, wo uns Stefan Werner von der City of Copenhagen die „Ökologische Innovation“ präsentiert. Äußerst charmant und super bebildert berichtet er von seinen eigenen Erlebnissen an seinem ersten Arbeitstag in Kopenhagen, als es zu sintflutartigen Regengüssen in der dänischen Hauptstadt kam. Das kommt leider immer häufiger vor und hat nicht nur zu einem eigenen Begriff – nämlich „Starkregen-Ereignis“ – geführt, sondern für Stefan Werner zu der wegweisenden Implementierung von Klimaanpassungsprojekten in der Nord-Metropole. In Kopenhagen versucht man sich an der Quadratur des Kreises, indem man mit städtebaulichen Maßnahmen auf die Folgen des Klimawandels – etwa in Form der „Starkregen-Ereignisse“ – reagiert und Flächen für die Nutzung der Bürger schafft, die im Notfall – also bei Überschwemmung – als Rückhalte- bzw. Retentionsflächen genutzt werden können. Das erfreut nicht nur die Bürger, sondern beeinflusst das Mikroklima und die Energiebilanz der Stadt positiv. Dennoch ist auch Kopenhagen als Metropole einer wachsenden Flächennachfrage ausgesetzt und wird weiter wachsen. Die Stadt – denn es handelt sich nicht um ein staatliches Projekt – übernimmt hier Verantwortung und verbindet Nachverdichtung mit Augenmaß, um ästhetische Konzepte und Lebensqualität zu vereinen. Eine Innovation, die sicherlich für weitere Städte und Regionen – auch in Deutschland – als Vorbild dienen wird und beweist, dass man eine Antwort auf den Klimawandel haben muss und kann.

Was ist also innovativ?

Wenn man diese Frage nach den Kriterien der Umsetzung und Anwendbarkeit beantworten will, so haben wir hier echte Innovationen gefunden, Neues entdecken können und den Austausch mit den Innnovationstreibern wahrgenommen. Es war toll zu sehen, dass die Branche neben den vielen „Pseudo-Innovationen“ auch wirkliche Neuheiten mit echten Mehrwerten entwickelt.

Sie wollen sich ein eigenes Bild vom Rundgang machen? Dann schauen Sie hier!

 

Die Autorin
Petra Höfels
Projektleiterin
Heuer Dialog