12.09.2016
Edmund Schaaf

„falscher“ und doch „richtiger“ Standort

FOC in Montabaur

Ein ICE-Bahnhof in einer Stadt mit 13.000 Einwohnern! Eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme auf einer Fläche von 30 Hektar!

Ein FOC in einem Mittelzentrum außerhalb des zentralen Versorgungsbereichs! Wie geht das? Eine bundesweit erscheinende Wochenzeitung titelte: „Operation Größenwahn“!

Nein, Größenwahn war es nicht. Vielmehr war es eine Vision, deren Umsetzung Beharrlichkeit, strukturiertes und konsequentes Arbeiten, kluge Entscheidungen im Stadtrat, einen verlässlichen Investor, Unterstützung von Land und Kreis sowie – das sei zugegeben – auch etwas Glück erforderte.

Das FOC mit einer Verkaufsfläche von 10.000 Quadratmetern war ein Baustein der insgesamt erfolgreichen städtebaulichen Entwicklung rund um den neuen ICE-Bahnhof an der Schnellbahnstrecke Köln-Frankfurt. Mit der Entscheidung der Bahn für den Standort Montabaur eröffneten sich Chancen und es entstand zugleich die Verpflichtung, die Barrieren zwischen Stadt und Bahnhof zu überwinden. Der heutige ICE-Park bestand bis zum Jahr 2000 aus Industriebrachen und Bach-Auen als Zäsur zwischen dem Stadtgebiet und dem neuen Bahnhof. In Alleinlage ohne städtebauliche Anbindung hätte dieser keine Chance auf dauerhaften Bestand gehabt.

Der Weg von der ersten Idee, im ICE-Entwicklungsgebiet ein FOC zu bauen, bis zur Realisierung war durchaus dornenreich. Es bedurfte umfangreicher Gutachten, insbesondere zum Beeinträchtigungsverbot. Ferner musste eine Zielabweichung vom Landesentwicklungsprogramm (LEP) in Bezug auf das städtebauliche Integrationsgebot durchgeführt werden. Dagegen klagten mehrere Nachbarstädte. Letztlich entschied das Bundesverwaltungsgericht, der Bescheid des Landes sei rechtmäßig. Anschließend bedurfte es wegen einer Änderung des LEP einer erneuten Zielabweichung, die wieder beklagt wurde. Gegen den Bebauungsplan der Stadt erhoben Nachbarstädte Normenkontrollklage beim Oberverwaltungsgericht. Ihre Klage wurde abgewiesen, die Nichtzulassungsbeschwerde gegen dieses Urteil vom Bundesverwaltungsgericht abgewiesen. Vom Raumordnungsantrag bis zur Rechtskraft des letzten Urteils dauerte es fast 10 Jahre.

So sieht es heute aus: Der ICE-Park ist nahezu vollständig bebaut. Im neuen Aubachviertel (Teil des Gebiets) wurde das Konzept „Wohnen und Arbeiten unter einem Dach“ konsequent umgesetzt. In den modernen Gebäudekomplexen leben rund 100 Menschen; 100 neue Wohnungen entstanden und entstehen, 15 Firmen haben sich angesiedelt. Im benachbarten Wohnbaugebiet Kesselwiese setzt sich die Entwicklung fort; rund 150 Menschen wohnen dort bereits und es wird weiter gebaut. Insgesamt umfasst der heutige ICE-Park 80 Firmen mit zusammen 2.150 Arbeitsplätzen. Letzte Baulücken werden sukzessive geschlossen.

Ein Jahr nach der Eröffnung des FOC ist folgendes Resümee zu ziehen: Das FOC trägt zum positiven Image der Stadt und Region Montabaur bei. Auch die Innenstadt Montabaurs profitiert davon, weil der Fußweg zwischen der reizvollen Altstadt und dem FOC nur 10 Minuten dauert. Die sogenannten Mon-Stilettos, künstlerisch gestaltete Riesenpumps, säumen den Weg und sind inzwischen zu einem Markenzeichen der Stadt und beliebten Fotomotiv geworden. Die Stadt Montabaur und auch ihre Nachbargemeinden, ja die gesamte Region erleben einen rasanten wirtschaftlichen Aufschwung. Der Aufwand hat sich somit gelohnt.

Die Erfolgsgeschichte des ICE-Entwicklungsgebiets Montabaur zeigt: Auch kleine Kommunen haben eine Chance für positive wirtschaftliche Entwicklungen, wenn Land, Kreis und Stadt konstruktiv zusammenarbeiten, es einen zuverlässigen Investor gibt und gemeinsam Widerstände beharrlich überwunden werden.

Der Autor
Edmund Schaaf
Bürgermeister der Verbandsgemeinde Montabaur