28.08.2016
Antje Boldt

Fach-Dialog BIM

BIM – flächendeckende Einführung in Deutschland wird zu Gesetzesänderungen führen

Building Information Modeling (BIM) ist mittlerweile in Deutschland nicht nur im Bewusstsein der Planungsbüros und Baufirmen angekommen, sondern steht auch im Fokus der Bundesregierung.

Nachdem der Stufenplan des BMVI zur Implementierung digitaler Planungsmethoden auf allen Verwaltungsebenen, die mit Bauen zu tun haben verabschiedet wurde, geht es nun an die Umsetzung: Bis 2020 soll das Planen und Bauen mit BIM bundesweit zum Standard werden. Hierzu werden derzeit im Wege öffentlicher Ausschreibungen Forschungsaufträge vergeben, die sich mit der Ausgestaltung dieser Umsetzung im Detail befassen. Dabei soll neben der Evaluierung technischer Anforderungen auch untersucht werden, wie die juristische Umsetzung von BIM erfolgen muss und ob hierzu Änderungen in den bestehenden Gesetzen erforderlich werden.

Betroffen ist zunächst das Vergaberecht, da im Rahmen der Ausschreibungen für Bauprojekte BIM als Planungsmethode verpflichtend vorgegeben werden müsste. Da es nicht zu Wettbewerbsnachteilen einzelner Planer, Bauunternehmen aber auch der Softwarelieferanten für die BIM-Software kommen darf, kann ein bestimmtes System nicht vorgegeben werden. Eine systemoffene Ausschreibung erfordert daher, dass Schnittstellen definiert werden, die alle Programme erfüllen müssen. Hiervon ist man in den Software-Häusern jedoch noch weit entfernt. Auch dürfte hierbei der Standard in anderen europäischen Ländern nicht unberücksichtigt bleiben.

Noch problematischer im Hinblick auf das Vergaberecht ist jedoch, dass durch den Einsatz von BIM ermöglicht werden soll, Bauunternehmen früher als bisher zu beauftragen und bereits an der Planung der Maßnahme zu beteiligen. Dies könnte sicherstellen, dass deren Know-how hinsichtlich Materialen, Ausführungsdetails und Baustellenlogistik zu einer kosten- und terminsichereren Realisierung der Baumaßnahme führt. Hierzu müsste jedoch bereits ein förmliches Vergabeverfahren für die in dieser Planungsstufe zu erbringenden Leistungen durchgeführt werden. Bislang hat man jedoch die Bauunternehmen überwiegend anhand des günstigsten Preises ausgewählt, wobei nunmehr der Preis ohne fertiggestellte Planung noch gar nicht bestimmt werden kann. Eine Änderung des Vergaberechtes wird zur Lösung dieses Problems jedoch nicht nötig sein, da das bestehende Recht es zulässt, Unternehmen überwiegend auch nach ihrer Eignung für ein Projekt und nach Kostenkennwerten auszuwählen. Auf deren Basis wird dann nach Abschluss der Planungsphase ein endgültiger Preis ermittelt. Um ein Bauunternehmen erfolgreich schon in der Planungsphase einbinden zu können, ist somit ein Umdenken der Bauverwaltungen erforderlich: Die Auswahl anhand des günstigsten Preises ist mathematisch einfach, die Auswahl nach klug gewählten Eignungs- und Kostenkriterien hingegen erfordert eine sorgfältige und fundierte Vorbereitung.

Auch die Versicherungslandschaft wird sich ändern. Durch das vernetzte Arbeiten der am Bau Beteiligten wird die Zuordnung der Haftung für Fehler in der Planung oder Ausführung und damit die Verpflichtung der jeweiligen Versicherer, Schäden abzusichern noch stärker in den Fokus rücken. Daher werden nun durch das vernetzte Arbeiten und die einheitliche und gemeinsame Datensammlung im Rahmen von BIM sogenannte Multi-Risk-Versicherungen begünstigt und erleichtert werden. Zudem bietet BIM die Chance bisher nicht versicherbare Risiken überhaupt versicherbar zu machen. Erste Ansätze hierfür gibt es bereits. So wird auf dem Markt etwa erstmals eine Projektkostenversicherung angeboten, die unter der Voraussetzung, dass das Projekt unter Einsatz von BIM geplant und verwirklicht wird, das Risiko einer Kostenüberschreitung absichert. Diese Änderungen in der Versicherungslandschaft werden zwar aller Voraussicht nach nicht mit einer Korrektur der maßgeblichen gesetzlichen Grundlagen, wohl aber mit der Entwicklung neuartiger Versicherungskonzepte und entsprechender Vertragsbedingungen einhergehen.

Eine Anpassung der bestehenden Gesetze sollte allerdings immer auch die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) berücksichtigen. Dort gehen die bestehenden Regelungen von einem klassischen Planungsverlauf aus und sehen in den einzelnen Leistungsphasen aufeinander aufbauende Planungsschritte vor. Diese Reihenfolge wird sich jedoch verschieben und auch inhaltlich verändern, weil teilweise andere Planungsleistungen durch BIM gefordert sind. Zudem sind diese eher in einem sehr frühen Projektstadium konzentriert zu erbringen. Zwar kann man eine Abweichung von den Vorgaben der HOAI bereits jetzt schon als sogenannte „Besondere Leistungen“ erfassen, wünschenswert wäre jedoch ein eigenes Leistungsbild für BIM-Planungen.

Mit Spannung werden in diesem Zusammenhang auch die Neuregelungen zum Bauvertragsrecht erwartet, die die Bundesregierung noch in dieser Legislaturperiode beschließen will. Neben einem eigenen Bauvertragsrecht sind auch Regelungen für Architekten- und Ingenieurverträge geplant. Insbesondere die neuen Vorschriften für die Vergütung von Änderungsleistungen während der Planungs- und Bauausführung werfen derzeit noch viele Fragen auf. Bei einem Einsatz von BIM können jedoch Änderungskosten bereits dadurch vermieden werden, dass Fehler in der Planungsphase durch die Software frühzeitig erkannt werden und sich daher gar nicht erst in der Bauausführung realisieren.

Es bleibt nunmehr abzuwarten, welche Ergebnisse die Forschungsaufträge der Bundesregierung bringen werden und ob eine flächendeckende Einführung von BIM bis 2020 gelingt. In jedem Fall wird das neue System auch das planungs- und baurechtliche Umfeld verändern, zunächst sicherlich in der Vertragsgestaltung, langfristig ebenso im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben.

 

Antje Boldt