Touristische Investitionen jenseits des Beherbergungswesens

Freizeitattraktionen als Bestandteil der touristischen Infrastruktur

Welche Tourismusregionen haben im Wettbewerb der Destinationen die Nase vorn? Welche Bedeutung haben Freizeitattraktionen in diesem Zusammenhang?

Andreas Konrath Peter Zimmer 28. Juli 2016

Der Tourismus in Deutschland ist ein Wachstumsmarkt, der – zumindest im Trend – durch  Zuwächse gekennzeichnet ist. Deutschland selbst ist das beliebteste Reiseziel der Deutschen:  Der Anteil der Inlandsreisen liegt seit vielen Jahren bei relativ konstanten 30 % bzw. leicht darüber. Hierbei profitieren nicht alle touristischen Destinationen im selben Maße vom Wachstumsmarkt Tourismus.

Die Reisepräferenzen der Deutschen können kurz mit den Worten „Berge oder Meer“ beschrieben werden. Im Süden sind Bayern und Baden-Württemberg die am meisten nachgefragten Bundesländer, im Norden sind es die Küstenanrainerstaaten Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Vom Trend zu häufigeren und kürzeren Reisen profitieren auch die Städtereisen, die sich seit vielen Jahren ebenfalls sehr positiv entwickeln. Neben den bestehenden  Fokussierungspunkten an der Küste oder in den Bergen zeigen viele andere Tourismusgebiete, wie es gelingen kann, durch Innovationen, Weiterentwicklungen und gutes Marketing am Wachstum zu partizipieren.

Ein anhaltender Trend in der Freizeit- und Tourismusbranche ist die Destinationsbildung. Durch das gezielte und professionelle Zusammenwirken mehrerer Angebote bzw. Leistungsträger soll hierbei eine Verstärkungswirkung, ein positiver Destinationseffekt erzeugt werden. Freizeitgroßanlagen wie Freizeitparks, Ferienparks oder Thermen/Freizeitbäder fungieren als eigenständige Destination und Zugpferde ihrer Standortregion. Beispielhaft zu nennen sind der Europa-Park, Tropical Islands oder der 2013 eröffnete Ferienpark Bostalsee im Saarland, der zur Gruppe der Center Parcs gehört und erstmals ein offenes Konzept präsentiert, welches Tagesbesuche ohne Übernachtung in der Anlage ermöglicht. Die Funktion als Destination basiert auf dem Zusammenspiel von Attraktion(en), Beherbergung, Marketing, möglichst hoher einheitlicher Qualität und gemeinsamen Wissenstransfer/Networking. Nach dem Vorbild der großen US-amerikanischen Themenparks erweitern die hiesigen Freizeitparks ihr gewachsenes Angebot an Attraktionen um eigene, in den Park integrierte Übernachtungsmöglichkeiten. Die anhaltende Erfolgsgeschichte des Europa-Parks in Rust fußt auf dieser Entwicklungsstrategie. Andere Freizeitparks folgten. Die mit erheblichen Startschwierigkeiten konfrontierte Tropical Islands in Brandenburg krankte u.a. an dem zur Eröffnung fehlenden Übernachtungsangebot, in einer Region, die dieses Defizit nicht kompensieren konnte.

Die Kombination von Freizeitanlage und Beherbergung funktioniert auch in kleinerem Maßstab. Als Zugpferd einer sehr positiven Tourismusentwicklung im Reisegebiet Spreewald ist die Spreewald Therme zu nennen, die um das Thermen-Hotel erweitert wurde. Oder der Dinosaurierpark Teufelsschlucht  in Ernzen/Südeifel, mit seinem rustikalen Freiluft-Abenteuer-Feeling, großem Kinder-Forschungs-Camp und über 77.000 Besuchern im ersten Betriebsjahr 2015. Tendenz steigend.

Städte wie Bremerhaven, Wolfsburg oder Oberhausen setzen auf Freizeit und Tourismus, um einen Struktur- und Imagewandel zu befördern. Attraktionen wie das Deutsche Auswandererhaus und das Klimahaus in Bremerhaven, die VW Autostadt in Wolfsburg oder das CentrO Oberhausen haben sich zu überregional bekannten Besuchermagneten entwickelt. Im Großen wie im Kleinen bedarf es meist öffentlicher Erstinvestitionen, um private Folgeinvestitionen zu stimulieren. Und/oder alternativer Finanzierungsmodelle wie im Dinosaurierpark, wo ein risikoarmes Investionsmodell gewählt wurde, bei dem der Hersteller der Attraktionen die Dino-Großmodelle gegen 50% Beteiligung an den Eintrittserlösen im Park aufstellt und wartet.

Orte wie St. Peter-Ording und Büsum an der Nordseeküste oder Grömitz, Scharbeutz und Travemünde an der Ostseeküste erleben eine spürbare Wiederbelebung des Tourismus mit zum Teil zweistelligen Zuwachsraten. Travemünde verzeichnet mit einem Gästeplus von gut 25 % in 2015 den höchsten Zuwachs unter den großen Badeorten an Nord- und Ostsee. Basis dieser Erfolge sind Investitionen in die touristische Infrastruktur, z.B. den Strandpromenaden, verbunden mit der Ansiedlung neuer Hotels wie dem Beach Motel und Hotel Zweite Heimat in St. Peter-Ording oder dem A-Rosa-Hotel in Travemünde. Am Travemünder Priwall soll mit der Entwicklung der „Priwall-Waterfront“ ein weiteres Großprojekt umgesetzt werden, eine Marina mit Ferienpark und Freizeitattraktionen, der die Übernachtungszahlen von derzeit rund 650.000 nahe an die Millionengrenze bringen könnte.

Die FUTOUR Tourismusberatung beschäftigt sich seit 1991 mit der Entwicklung und Umsetzung von Tourismusstrategien und -konzepten. Mit der Übernahme der Wenzel Consulting im Jahr 2011 kamen 40 Jahre Knowhow in der Beratung von Freizeitimmobilien hinzu. Die gemeinsame Kundenliste geht quer durchs In- und Ausland, umfasst Städte wie Hamburg mit der Freizeitentwicklung für die Hafencity oder den Relaunch des Münchner Olympiaparks ebenso wie die touristische Leitbildentwicklung in der Sächsischen Schweiz, Standortbewertungen in Salla/ Finnland wie Nachhaltigkeitszertifizierungen für Event- und Kongresszentren etwa in Alpbach/Tirol.

Wer am Wachstumsmarkt Tourismus partizipieren möchte, muss wissen, wo er steht und wo er hin möchte. Was sinnvoll und machbar ist, was den größtmöglichen Nutzen schafft, gilt es zu identifizieren und umzusetzen.

Die Autoren
Andreas Konrath
Inhaber, fwi Hamburg
Dr. Peter Zimmer
FUTOUR Tourismusberatung

Das Event zum Thema

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