01.08.2016
André Pilling

Digitalisierung als Wettbewerbsvorteil

BIM in der Ausbildung – Interdisziplinär denken

Die Digitalisierung ist zum beherrschenden Wettbewerbsfaktor geworden. Die Planungsmethode BIM (Building Information Modeling) ist in Deutschland und weltweit auf dem Vormarsch.

Immobilien können mittels BIM präziser geplant, modifiziert, gebaut und betrieben werden. Die Effizienz steigt auf allen Prozessebenen und senkt das Risiko teurer Fehlplanungen signifikant.

Da BIM in der Anwendung von Kenntnissen unterlegt sein muss, stellt sich die Frage, in welcher Form gelehrt werden soll. Hier bietet sich ein Blick in das Ausland an, welches teilweise schon länger mit BIM arbeitet. Gemäß einer Befragung des australischen BIM-Verbandes NATSPEC ist die Planungsmethode auf den Lehrplänen der Universitäten und Fortbildungsinstitute in Großbritannien, den Niederlanden aber auch den USA, Australien und vielen anderen Ländern inzwischen reichlich vertreten. Die Anzahl der Kursangebote und Ausbildungsgänge nimmt kontinuierlich zu.

BIM betrifft alle - Isolierte Wissensvermittlung verschenkt Potenziale

Überraschenderweise offenbaren sich aber internationale Defizite. So richten sich die Studien- und Ausbildungsgänge fast ausschließlich an Architekten und Ingenieure statt auch an Bauherren sowie Property und Facility Manager. BIM wird in den meisten Fällen isoliert und mit einer festgelegten Software gelehrt und geübt. Keine Frage, BIM hat auch in dieser Form viele Meriten: Die Planung in einem digitalen Modell erlaubt dem Planer beispielsweise eine sofortige Ableitung von mehrdimensionalen Ansichten. Sie ist effizienter und die Kommunikation mit dem Auftraggeber wird erleichtert, da der Aufwand für die Erstellung von Visualisierungen entfällt. Damit handelt es sich aber um ein limitiertes BIM, eine Insellösung, auch genannt „Little BIM“.

„Big BIM“ gehört auf die Lehrpläne

Der entscheidende Vorteil von BIM, die interdisziplinäre Kommunikation mit den beteiligten Fachplanern und die durchgängige Nutzung eines gemeinsamen Gebäudemodells im gesamten Lebenszyklus der Immobilie, kommt aber erst als große Lösung, dem „Big BIM“, zum Tragen. Die projektübergreifende Zusammenarbeit mit BIM, idealerweise auf Grundlage eines offenen Softwarestandards, sowie das übergeordnete BIM-Management sind die dafür erforderlichen Kenntnisse. Dieses notwendige Wissen um die Grundlagen und Prozesse wird in vielen Ländern leider nicht ausreichend vermittelt.

Doch es gibt glücklicherweise Ausnahmen, die ich in einem größeren Umfang insbesondere in Skandinavien erkenne: Beispielsweise zeigt Norwegen den Willen auf, den fachübergreifenden und software-offenen Einsatz von BIM von Beginn an zu trainieren. Der Fokus liegt auf dem Austausch und der Zusammenarbeit der Nutzer, mithin also stärker auf den sozialen Aspekten als der Technik. Die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Anwendergruppen wird intensiv thematisiert und trainiert und es bestehen feste Standards in Bezug auf den notwendigen Wissens- und Trainingsstand für die Qualifizierung und Weiterbildung.

Jetzt die Weichen auch in Deutschland stellen

In Deutschland steckt die Ausbildung noch in den Kinderschuhen. Die wenigen deutschen Hochschulen, die sich bereits mit BIM beschäftigen, setzen derzeit leider bevorzugt auf den üblichen isolierten und technisch geprägten Lehransatz. Es gibt keine anerkannten Standards. Noch ist Zeit, Richtung Big BIM umzusteuern. Das Lehren von software-unabhängigen BIM-Konzepten, die fachübergreifende Zusammenarbeit und die Aspekte eines ganzheitlichen BIM-Managements sollten im Mittelpunkt der BIM-Ausbildung stehen. Einige private Bildungseinrichtungen haben dies bereits getan und orientieren sich am norwegischen Vorbild.

Anerkannte Standards sind notwendig

Dabei ist es sehr wichtig, dass in Bezug auf BIM zügig ein Industriestandard entwickelt wird. Der Wirtschaftsstandort Deutschland ist für seine Qualitätsorientierung bekannt und lebt von diesem guten Ruf. Es darf deshalb nicht sein, dass, wie bisher, Softwareanbieter für einfache Modellierkurse auf Closed-BIM-Werkzeugen einen „BIM-Manager“ als Abschluss nach dreitägiger Ausbildung vergeben dürfen und in Asien ein BIM-Manager zehn Jahre Berufserfahrung vorweisen muss. Wir brauchen auch in Deutschland zügig anerkannte Ausbildungsstandards mit guten Lehrinhalten. Aufgrund meiner Nähe zu Richtlinienkreisen wie buildingSMART, VDI  2552-8 sowie planen und bauen 4.0, freue ich mich, berichten zu dürfen, dass wir hier auf einem guten Weg sind.

Der Autor
André Pilling
Dozent und Geschäftsführender Gesellschafter
DeuBIM