Die Autorin
Sandra ScholzVorstand,
Durchschnittlich 21 Prozent beträgt laut der Online-Jobbörse Stepstone der Gehaltsunterschied zwischen demjenigen, der bei seinem Chef Lohnerhöhungen aktiv anspricht, und dem, der es nicht tut. Trotzdem hat jede vierte Fachkraft in Deutschland noch nie nach einer Gehaltserhöhung gefragt. Das bedeutet, ein Viertel der Kollegen verdient auf Dauer wahrscheinlich deutlich weniger als ein Mitarbeiter mit gleicher Qualifikation und Erfahrung. Geht man von 30.000 Euro Jahresgehalt aus, dem durchschnittlichen Einstiegsgehalt aller Berufe in der Immobilienwirtschaft, kommt man hier schon auf eine Differenz von mehr als 6.000 Euro im Jahr. Bei der Karriereplanung zeigt sich ein vergleichbares Bild. Nur wer zu Fragen des nächsten Karriereschritts proaktiv in den Dialog mit dem eigenen Vorgesetzten tritt, wird sich auf der Karriereleiter entsprechend entwickeln. Verhandlungen mit dem Vorgesetzten stellen deshalb immer eine Herausforderung dar – nicht nur, wenn es ums Geld oder um die eigene Karriere geht. Manchmal ist es genauso schwer, um eine Qualifizierungsmaßnahme, Homeoffice oder flexible Arbeitszeiten zu bitten.
Grundsätzlich gilt, dass bei Gesprächen mit dem Chef das „Wie“ entscheidender ist als das „Was“. Ein gutes Beispiel sind sicherlich die Gehaltsverhandlung oder die Karriereplanung, da dies die häufigsten Gesprächsanlässe sind.
Wer gut vorbereitet in den Termin geht, kann die Chancen nutzen, die sich ihm bieten. Das beginnt schon mit dem optimalen Zeitpunkt. Wichtig ist, dass genügend Zeit und Ruhe für das Gespräch vorhanden sind. Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder das Anliegen wird im regulären Jahresgespräch angesprochen oder man vereinbart einen separaten Termin. Es ist wichtig, dass Ihr Chef den Kopf frei hat, um sich voll auf sein Gegenüber zu konzentrieren und um sich mit Ihrem Anliegen auseinanderzusetzen.
Doch nicht nur mit Blick auf den Chef muss der Zeitpunkt gut gewählt sein. Idealerweise liefert man gleich einen passenden Anlass, wie z. B. ein erfolgreich abgeschlossenes Projekt, mit. Solche Belege stützen die Argumentation nachhaltig.
Ist der Termin vereinbart, geht es an die eigentliche Vorbereitung. Übrigens: Fairerweise sollten Sie Ihren Vorgesetzten immer vorab darüber informieren, warum Sie um einen Termin gebeten haben. Schließlich sollte auch er die Möglichkeit haben, sich vorzubereiten.
Überlegen Sie sich im Rahmen Ihrer Vorbereitung, was Sie in Ihrem Gespräch erreichen wollen. Definieren Sie ein klares Zielbild, denn wer nicht weiß, was das Ergebnis der Verhandlung sein soll, hat schon verloren.
Stellen Sie Argumente zusammen, die dafür sprechen, die gewünschte Unterstützung zu bekommen. Zur Untermauerung des Anliegens gehört auf jeden Fall eine Liste ganz konkreter Erfolgsbeispiele.
Streben Sie eine Gehaltserhöhung an, sollten Sie vor dem Gespräch z. B. online nach Gehaltsvergleichen und -studien suchen. Formulieren Sie Ihren Gehaltswunsch entsprechend. So wird deutlich, dass Sie nicht eine beliebige Summe nennen, sondern dass die Forderung fundiert ist.
Ziehen Sie auch in Erwägung, dass Ihr Chef Ihnen aus verschiedenen Gründen nicht entgegenkommen kann oder will. Eventuell sieht er Sie noch nicht auf der neuen Position oder er hält eine Gehaltserhöhung für noch zu früh. Oder das Budget gibt aktuell nicht mehr her. Versuchen Sie, mögliche Gegen-argumente Ihres Chefs zu sammeln und überlegen Sie sich, wie Sie diese argumentativ entkräften können.
Die wichtigsten Regeln: Bleiben Sie professionell, lassen Sie Emotionen grundsätzlich außen vor. Die Gesprächsführung hängt ganz stark von Ihnen und dem Charakter Ihres Gegenübers ab. Deswegen sind Empathie und Diplomatie umso wichtiger. Und vor allem: Das Ziel immer im Blick behalten. Gehen Sie ergebnisorientiert in und durch das Gespräch.
Bringen Sie Ihr Anliegen ruhig und sachlich vor und erläutern Sie die Argumente, die aus Ihrer Sicht dafür sprechen. Ihr Chef wird anschließend seine eigene Sicht erläutern – und im Idealfall Ihrem Wunsch folgen. Sollte er dies nicht tun, bleiben Sie trotzdem ergebnisorientiert. Versuchen Sie auch in diesem Fall, eine konkrete Vereinbarung zu treffen und Verbindlichkeiten zu schaffen. Gibt das Budget eine Gehaltserhöhung nicht her, fragen Sie nach, wann Sie diesbezüglich noch einmal auf Ihren Chef zukommen dürfen. Sieht er Sie noch nicht auf einer neuen Position, fragen Sie, in welchen Punkten Sie sich noch verbessern können und welchen Zeitrahmen er für den nächsten Karriereschritt realistisch hält.
Die richtige Gesprächsführung ist alles andere als einfach und muss zudem äußerst flexibel gehandhabt werden – vor allem, wenn Kritik am Verhalten des Anderen geäußert wird. Kritik im Job sollte bloß nicht persönlich genommen werden. Schließlich geht es hier um die Sache und nicht um Befindlichkeiten. Dennoch, wenn der Chef unseren Wunsch nach Gehalts-erhöhung ablehnt und seine Argumentation mit einigen Kritikpunkten untermauert, laufen wir Gefahr, emotional zu reagieren.
Mein Rat: Lassen Sie die Rückmeldung Ihres Chefs auf sich wirken und sehen Sie das Feedback als Chance. Fragen Sie Ihren Chef nach Unterstützung, um an den aufgezeigten Themen zu arbeiten. Natürlich gibt es immer auch Fälle, bei denen die Sichtweise des Chefs nicht berechtigt ist und es generell im Zwischenmenschlichen hapert. Aber in der Regel ist Ihr Chef daran interessiert, Sie als Mitarbeiter zu halten und zu fördern.