18.01.2016
Thomas Beyerle

Verändern Fintechs die gewerblichen Immobilienmärkte in Frankfurt?

Verändern Fintechs die gewerblichen Immobilienmärkte in Frankfurt?

Wohl kaum ein Geschäftsmodell wird gegenwärtig so intensiv diskutiert in der Bankenmetropole Frankfurt wie das der Fintechs.

Bild: Heuer Dialog

Für die einen ist es die Bedrohung traditioneller Geschäftsmodelle der Banken schlechthin, für die anderen eine nette kleine start-up Schmiede in der anhaltenden Digitalisierungsrevolution. Jungs um die 30, mit ausreichend venture capital gesättigt, konventionsfrei und dann noch ohne Krawatte – das kann man ja nicht ernst nehmen im seriösen Bankberatungsgeschäft, so Stimmen aus den Bankentürmen.

Sieht man von diesen Äußerlichkeiten einmal ab, stellt sich gleichwohl die Frage ob gerade die Banken und Versicherungen, welche traditionell zwischen 20 und 25 % der Büroflächen p.a. am Standort Frankfurt absorbieren, dies auch in Zukunft tun werden? Einfacher formuliert: fallen diese stabilen Umsatzbringer zunehmend weg? Oder werden diese gar kompensiert durch diese schnellen und innovativen Start-up-Unternehmen? Zumindest für viele Immobilien und der Investoren in den zentralen Stadtlagen war ein 10 jähriger Mietvertrag mit einer Bank immer ein Bond, Auswahlwahrscheinlichkeit gering. Aktuell scheinen diese Zweifel aber noch nicht berechtigt, obwohl der Finanzsektor spätestens seit 2009 mitten in einem grundlegenden Umbruch steckt. D.h. der große Anpassungsdruck erfolgt aus den Banken selbst heraus. Auslagerungswellen, Effizienzprogramme, ständig wechselnde Ansprechpartner – wer kennt das nicht? Ein zeitlicher Vergleich der Beschäftigtenzahl in diesem Sektor zeigt, dass zwischen 2004 und 2014 in Frankfurt zwar 7 % mehr Personen beschäftigt waren, jedoch die Flächennachfrage um 14 % zurückging. Dies deutet in einer ersten Analyse darauf hin, dass die Nutzung von Flächen effizienter gestaltet wird. Vulgo: man sitzt enger, es wird in der Summe weniger Büroflächen nachgefragt. Der zweite Analyseschritt muss deshalb bei den Fintechs und deren Geographie erfolgen: hier zeigt sich ein überraschend klares Bild: die deutliche Mehrzahl der Start-ups in Deutschland und Frankfurt findet sich in innerstädtische Lagen. Oft handelt es sich hierbei um sogenannte „In-Bezirke“, die eine hohe Unternehmensdichte und eine gute Erreichbarkeit sowie ein gut ausgebildetes Arbeitskräftereservoir aufweisen. Also nichts mit dem Vorurteil der angemieteten, billigen Büroflächen am Rande der Stadt im Gewerbepark aus den frühen 90er Jahren. Der "Angriff" der FinTechs auf die traditionellen Anbieter der Finanzdienstleistung und der Büroflächen erfolgt im traditionellen Bankenviertel, und damit quasi in Sichtweite der heutigen Bankentürme rund um die Neue Mainzer Strasse, und Taunusanlage.

Aktuell lässt sich eine immobilienspezifische DNA dieser Gruppe der FinTechs ausmachen:

  • Hohes Mietpreisniveau aufgrund der hohen Flächennachfrage
  • Kurz laufende Mietverträge (1-3 Jahre)
  • Verdichtung der Stadtzentren - vorwiegend in zentralen Lagen
  • Flexible Arbeitsformen (Coworking/shared working space)
  • Moderner Arbeitsplatz (mit/ohne Inventar)

Aktuell erwarte ich, dass bis 2020 in Frankfurt die Nachfrage nach Flächen im klassischen Bankenbereich um rund 30 % zurückgehen wird, wovon voraussichtlich die Hälfte durch das neue Segment der FinTechs aufgefangen werden kann. Die „Flächendifferenz“, also das was übrig bliebt, wird sich wahrscheinlich als „Mixed-use Fläche“ am Markt wiederfinden. Lokale Investoren stehen aktuell Schlange um diese Entwicklungsflächen zu bekommen. Es ist also keine Revolution, sondern Teil einer Evolution welche die Fintechs auslösen werden.

Der Autor
Prof. Dr. Thomas Beyerle
Head of Group Research, Managing Director