Der Autor
Thomas SchererGeschäftsführender Gesellschafter,
Leben und Arbeiten an einem Ort, das ist auch heute wieder ein brandaktuelles Thema. Sicher, nicht wie damals, im Sinne von Arbeitsort gleich Wohnort, vielmehr als Antwort darauf, wie wir in Städten heute leben wollen. Verschiedene Studien zeigen, dass es ein ausgewogener Mix aus Büro, Wohnen und Einzelhandel ist, der die Lebensqualität in Innenstädten nachhaltig positiv beeinflusst.
Klar ist, dass es am Ziel der lebendigen Innenstädte vorbei geht, wenn trotz Mischung abgegrenzt Büroblock neben Mall neben Wohnhaus entsteht. Im Idealfall finden die verschiedenen Nutzungstypen sogar in einem Gebäude statt. Doch wie funktioniert ein solches Gebäude, wenn die Bedürfnisse der einzelnen Nutzergruppen mitunter diametral gegensätzlich sind?
Schlüssel zum Erfolg: Synergien finden und nutzen
Der Schlüssel zu zukunftsfähigen Mischnutzungskonzepten heißt: Fokus auf die Synergie-Effekte! Zentrale Fragen sind dabei: welcher Mehrwert ergibt sich für die einzelnen Mietergruppen aus dem Gesamtkonzept? Welches Mischungsverhältnis, qualitativ – welche Nutzergruppen – und quantitativ – wie stark sind diese vertreten – funktioniert?
Am Beispiel von Kurzzeit- und Langzeitwohnangeboten unter einem Dach lässt sich der Stellenwert von Synergien verdeutlichen. So freuen sich Langzeitmieter über die Möglichkeit, Gäste nur wenige Schritte von der eigenen Wohnung entfernt unterzubringen, ohne selbst ein Gästezimmer vorhalten zu müssen. Beide Parteien wiederum profitieren von optionalen Services, sei es Wohnungsreinigung oder Concierge-Dienst, die nur von beiden Bewohnergruppen gemeinsam getragen werden können. Der Übergang in die Geschäftswelt ist fließend: Beispiel Co-Working-Spaces. Mittels dieser einzeln buchbaren Arbeitsplätze erweitern kleinere Gewerbemieter ihr Büro temporär. Sie bescheren der Gastronomie im Haus gleichzeitig Tagesgeschäft, Stichwort „business lunch“, und buchen Konferenzräume, die für Bewohner auch als Räume für private Feiern zur Verfügung stehen. Nicht zuletzt spielt der Faktor Technik eine tragende Rolle. So vernetzt eine eigens entwickelte App das gesamte Haus und stellt den einzelnen Nutzergruppen spezifische Angebote zur Verfügung. Weitergedacht könnten Kurzzeitgäste der Anonymität per App entfliehen, in dem sie sich abends auf ein Glas Wein mit Gleichgesinnten verabreden. Die Möglichkeiten sind hier vielfältig. Entscheidungsgrundlage sollten immer die Bedürfnisse der Nutzer sein, soweit diese antizipiert werden können, Ziel die Steigerung der Lebensqualität (Geschäfts- oder Privatleben). Eine enge Verzahnung der einzelnen funktionalen Bereiche glückt vor allem auch dann, wenn es gemeinsam genutzte Bereiche gibt, beispielsweise Gastronomie oder Clubräume.
Hilfreich, um bloßes räumliches Nebeneinander zu vermeiden, ist es, Architektur und Design geschickt als identitätsstiftende Merkmale im Gebäude einzusetzen, als eine auch nach außen hin sichtbare Klammer.
In der Innenstadt von Dresden entsteht aktuell das erste „Lebendige Haus“. Aus der Entwicklung eines zeitgemäßen Umnutzungskonzepts für das ehemalige Geschäftsgebäude wurden die umrissenen Erkenntnisse gewonnen. Perspektivisch sollen in mehreren Großstädten im deutschsprachigen Raum „Lebendige Häuser“ entstehen.