16.05.2016
Florian Lauerbach

Ohne Essen geht’s nicht – was für Menschen gilt, wird auch für Einzelhandelsimmobilien immer wichtiger. Woran liegt das?

Investitionen in Foodservice-Konzepte und die Bedeutung für gemischt genutzte Immobilien

Ganz einfach – niemand geht heute noch einkaufen, weil er muss.

Von Tomaten bis zum Auto kann derVerbraucher heute alles online shoppen, was er braucht. Wer dennoch „analog“ vor Ort einkauft, der sucht etwas, das er online nicht finden kann – ein Einkaufserlebnis, auch und gerade bei Gütern des täglichen Bedarfs. Der moderne Kunde will nicht nur seinen Bedarf decken, er will sich dabei auch wohl fühlen – Aufenthaltsqualität und Dienstleistungsangebote werden immer kritischer für die Differenzierung von Einkaufsstätten.

Was noch vor wenigen Jahren kaum vorstellbar gewesen wäre, ist heute integraler Bestandteil eines Einkaufscenters: Fast 10 % der befragten Einzelhandelsmieter der ILG-Studie „Der Mieter im Fokus 2015“ nannten gastronomische Betriebe als optimalen Ankermieter. In den deutschen ECE-Centern ist der Umsatz der gastronomischen Betriebe zwischen 2004 und 2014 um 54 % gestiegen. Wir halten diese Entwicklung nicht für einen kurzfristigen Trend, sondern für das Resultat einer tiefgreifenden gesellschaftlichen Veränderung: Sowohl die zunehmende Zahl an Singlehaushalten als auch Familien nehmen sich immer weniger Zeit fürs Kochen und gemeinsame Essen daheim, sondern schätzen die Annehmlichkeiten des Auswärts-Essens. Den Ort für die schnelle Mahlzeit zwischendurch wählen diese Konsumenten ganz bewusst: 40 % der im Rahmen der ECE-Studie „Gastronomie in Shopping-Centern“ befragten Besucher suchen das Shopping-Center nach dem gastronomischen Angebot aus. Sie bevorzugen ein breitgefächertes Speisenangebot mit kurzen Wartezeiten und ausreichend Sitzplätzen und legen besonderen Wert auf eine Abschirmung von den Geräuschen der Verkehrs- und Einzelhandelsflächen des Objekts. Singles freuen sich über freies W-Lan und Aufladestationen für ihr Handy, Familien wissen Kinderhochstühle, eine Spielfläche für den Nachwuchs oder gar eine Mikrowelle zum Erwärmen des Fläschchens zu schätzen.

Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, müssen Centermanager und -entwickler die Gestaltung und den Mietermix entsprechend anpassen.

Neben den Verwaltern und Entwicklern der Center müssen auch die Kapitalgeber umdenken. Banken schätzen noch immer den langfristen Mietvertrag mit den sehr bonitätsstarken Ankermietern. Ein Gastronomiebetreiber tut sich oft schwer, in punkto Bonität im direkten Vergleich mit Lebensmitteleinzelhändlern zu bestehen. Innovative Gastronomiekonzepte erfüllen aber oft den zuvor geschilderten Kundenwunsch am besten.

Es liegt am Centermanager, geeignete Konzepte zu identifizieren, deren Nachhaltigkeit zu bewerten und die Finanzierer von den Mehrwerten zu überzeugen. Die zunehmende Filialisierung der erfolgreichen Betriebe wird hierbei sicherlich helfen. In anderen Ländern gehören heute schon die meisten Gastronomiebetreiber in Centern zu filialisierenden Ketten. Diese Betriebe bemühen sich sehr um einen einheitlichen Marktauftritt und einheitlich hohe Qualität ihres Angebots. Ein umfassendes gastronomisches Angebot lässt sich jedoch nur mit Gastro-Ketten nicht stemmen, dafür müssen auch regionale Anbieter mit einbezogen werden, deren Potential häufig nicht auf den ersten Blick eindeutig zu beurteilen ist. Entwickler, finanzierende Banken und nicht zuletzt Centermanager müssen sich daher in Zukunft deutlich mehr mit dem Bereich Gastronomie und Service auseinandersetzen und den Mehrwert der Mieter nicht nur anhand deren Bonität beurteilen.

Der Autor
Florian Lauerbach
Geschäftsführer