27.11.2015
Joachim Stumpf

Strategien für Händler und Kommunen in Bayern

Herausforderung E-Commerce

„Wie man es auch dreht und wendet: E-Commerce ist ein Phänomen, das nicht so schnell wieder verschwinden wird“, so Joachim Stumpf, Geschäftsführer der BBE Handelsberatung GmbH und IPH Handelsimmobilien GmbH.

Bild: Joachim Stumpf

Wie man es auch dreht und wendet: E-Commerce ist ein Phänomen, das nicht so schnell wieder verschwinden wird. Hochrechnungen zufolge könnten der online erzielte Umsatz in den nächsten fünf Jahren auf rund 118 Milliarden Euro und der Anteil am Einzelhandelsumsatz insgesamt auf bis zu 23,8 Prozent steigen. Die Herausforderungen, die sich daraus für stationäre Händler, aber auch für Kommunen ergeben, sind weitestgehend erkannt worden: Das Einkaufen online bewirkt, dass die Frequenz in den Innenstädten und dadurch die Zahl der Handelsflächen sinkt, sodass die Standortabhängigkeit von Handelsfilialen steigt.  

Nun liegt es am stationären Handel, Profil zu zeigen. Denn er hat nach wie vor eine echte Chance: So liegt der Anteil der selektiven Online-Shopper, also Verbraucher, die nach wie vor unter anderem den stationären Handel aufsuchen, bei 45 Prozent und der Anteil traditioneller Handelskäufer bei immerhin 32 Prozent.

Größte Herausforderung für Händler: Kundengewinnung und -bindung

Durch den Onlinehandel sind Verbraucher heutzutage einem permanenten Überfluss an Informationen und Waren ausgesetzt. Die Produktauswahl ist angesichts von über 150.000 Online-Shops allein in Deutschland und einer Million Quadratmeter Handelsfläche immens. Gleichzeitig ist es in einem solchen Umfeld für Händler problematisch, überhaupt wahrgenommen zu werden. Daher ist es für Händler wichtig, seine Alleinstellungsmerkmale herauszuarbeiten. Zudem soll das Einkaufen immer mehr zu einem Erlebnis werden und dem Verbraucher einen zusätzlichen Mehrwert bieten. Im Segment Shopping Center bedeutet dies beispielsweise, Retail mit anderen Segmenten wie Dienstleistung, Gastronomie oder Unterhaltung zu verknüpfen. Insbesondere die Gastronomie bewirkt, dass sich die Frequenz und Aufenthaltsqualität in einem Shopping Center deutlich erhöht. Auch der Ausbau von Multi-Channel-Diensten trägt zur Attraktivität von stationärem Handel bei. So lag der Anteil stationärer Händler mit Online-Shops unter allen Vertriebsformen am Online-Handel im Jahr 2014 bei 30,5 Prozent und konnte damit in den vergangenen Jahren Anteile zurück gewinnen. Für den Ausbau der Multi-Channel-Strategien spricht außerdem, dass es immer weniger eine klare Kanalpräferenz gibt und dagegen die selektive Kanalwahl dominiert: Lediglich 20 Prozent der Bevölkerung kaufen nahezu ausschließlich online ein.

Größte Herausforderung für Städte: Innenstädte beleben

Die Auswirkung des E-Commerce auf Städte und Regionen sind deutlich auszumachen: Die Frequenzen sowie der Flächenbedarf in den Städten gehen merklich zurück. Dabei sind die Cityzentren von Städten unterschiedlicher Größe gleichermaßen von Frequenzverlusten betroffen. Sie werden von den vorinformierten Konsumenten immer seltener zum Shoppen besucht, insbesondere von der sogenannten „Smart-Native“-Generation. Eine Lösung: Mittelstädte müssen die Aufenthaltsqualität und den Freizeitwert ihrer Innenstädte verbessern, beispielsweise indem sie verstärkt auf Sauberkeit und Sicherheit achten oder die Öffnungszeiten von Läden erweitern.

Sonderfaktor Tourismus: Bayerische Grenzregionen profitieren

Ein bedeutender Treiber für den Einzelhandel in Bayern ist der grenzüberschreitende Tourismus, allen voran in München, wo aktuell rund 48 Prozent der fast sechs Millionen Hotelübernachtungen von ausländischen Gästen getätigt werden. Aber auch kleinere Städte entlang der deutschen Grenze profitieren vom Shopping-Tourismus, zum Beispiel aus Tschechien. Einer Analyse der BBE Handelsberatung zufolge fließen allein dem Oberpfälzer Einzelhandel so jährlich rund 95 Millionen Euro zu. Sowohl der Einzelhandel, aber auch die Kommunen sollten Strategien entwickeln, um Kunden aus Nachbarländern gezielter anzusprechen und für das Einkaufen in Deutschland zu begeistern. So sollten zum einen der grenzüberschreitende Verkehr, zum zweiten die grenzüberschreitende mediale Kommunikation verbessert werden. Dafür ist eine enge Zusammenarbeit zwischen lokalen Einzelhandels- und Tourismusunternehmen und der Kommune notwendig. Nur dann kann das Potenzial des fremdländischen Kundenstroms nach Bayern tatsächlich genutzt werden.

Joachim Stumpf wird im Rahmen des Handels-Dialogs Bayern am 21. Januar 2016 in München die Co-Moderation führen und einen Votrag zum Thema "Marktüberblick: Zahlen, Daten, Konzepte" halten.

Der Autor
Joachim Stumpf
Geschäftsführer